ASTRAL SON – Mind’s Eye
~ 2016 (Sulatron Records) – Stil: Psych Rock ~
Auch wenn sie gerade ein neues Album an den Start gebracht haben, mir ist das Vorgängerwerk ´Mind’s Eye´ frisch untergekommen und taucht auf unseren heiligen Seiten noch gar nicht auf, was ich wirklich schade finde. Sowohl das kultige Spacekrautpsychelabel SULATRON vom unermüdlichen Macher Dave Schmidt aka “Sula Bassana” (assistiert von seiner getreuen Kometenfrau Lulu), als auch dieses Projekt des Sternensohns Leonardo, der eigentlich aus den Niederlanden stammt, sind immer eine lobende Erwähnung, ein paar Zeilen voller Preisung und eine Menge umherschwirrender Worte wert.
Das war eine Einleitung, aber das ist auch der komplizierteste Moment beim Kennenlernen dieser CD. Sie ist wohl die dritte von vier bisher erschienenen Alben, wobei mir auch die Vorgänger nicht geläufig sind. Viel anders sollten sie nicht sein. Geboten wird verspielter, zuweilen grooviger, aber immer entspannter Psychedelic Rock, der sich ganz der altbritischen Schule verschrieben hat. Mal treibt die Musik wie ein Blatt im Sturm vorwärts, dann wieder nimmt Leonardo die Geschwindigkeit zurück und der entsprechende Song bekommt einen ruhigen Fluss. Die Synthesizer nehmen viel Raum ein auf diesem Album, zaubern magische Melodien auf einen Unterbau aus beschwörend grollenden und grummelnden Basstönen. Leonardos Gesang klingt verloren, auch wenn er sehr präsent ist im Mix. Seine Stimme ist verhallt und vernebelt, seine Melodien wie dunkle Geschichten erzählt von den Ältesten abends am Kaminfeuer. Die Gitarre brummt und sägt gerne wuchtig, hat aber auch ihre melodischen, sogar dezent vertrackten Augenblicke.
Leonardo aka ASTRAL SON gelingt hier eine wunderbare Retrospacerockattacke, eine weitere, will ich anmerken, denn laut Ohrenzeugen fügt sich ´Mind’s Eye´ perfekt in die gesamte Discographie des Meisters ein. Wer einen solchen Namen trägt, der muss natürlich sein Fach beherrschen wie ein Großer. Die ´Mona Lisa´ des Spacerocks ist ihm sicherlich nicht gelungen, dafür ist er zu sehr irgendwo in 1972 steckengeblieben. Vielleicht auch in 1968. Irgendwo dazwischen.
Eine Untertasse voller Geheimnisse offenbart sich bei der Suche nach Raum der fliegenden Teekanne, welche irgendwann an der Mauer zerschellt. Aber auch diese Andeutungen von Einflüssen ändern wohl nichts daran, dass die emotionale Wärme der Musik ganz enorm die Seele des Hörers ankitzelt. Die schönen Orgelparts, die vielen kleinen Zwirbeleien auf der Gitarre, weit entfernten Stimmlauten von Walen gleich, die Unendlichkeit der Melodien, dieser ganze Zauber einer verlorenen Zeit, die dennoch ewig zu sein scheint. Was spielt Zeit noch für eine Rolle?
Spielerisch ist das alles fantastisch umgesetzt. Man merkt schon, dass Leonardo ein Musiker mit Talent ist, denn die Komposition des Gesamtbildes ist stimmig. Die einzelnen Elemente harmonieren miteinander und öffnen den Song an sich so für den Hörer. Natürlich ist das hier Spartenmusik, Psychedelic und Space Rock für den Freund von Psychedelic und Space Rock. Der Konsument von geleckten Radiopopproduktionen wird keinen Zugang finden. Diese Songs, teilweise wirklich sogar Hymnen, brauchen eine offene Seele. Wenn Leonardo bei seinen altehrwürdigen Ursynthesizern an den Knöpfen dreht und ein Zwitschern und Zischen erzeugt, denkt man gleich, Dik Mik wäre wieder unter den Lebenden. Hier scheinen Daevid Allen, Dave Brock, Dik Mik, Dave Gilmour, Roger Waters, Rick Wright und Steve Hillage gemeinsam zu werkeln, als hätten sich die Tore der Zeit geöffnet, das Diesseits und das Jenseits ineinander fließen lassen. Aber es ist Leonardo, der Niederländer, seines Zeichens wohl auch ein Maler. Diese Begabung kann und will ich jetzt aber nicht bewerten, ich weiß nur, dass er es versteht, auch mit Tönen aus verschiedenen Erzeugern stimmungsvolle Gemälde zu erschaffen, die voller Zauber und Leben stecken.
Bewerten möchte ich die Musik allein, der zwar die Innovationen abgehen, die aber mit so viel Liebe zum Detail zelebriert wird, so sehr im Fluss ist, als wäre hier eine bestens eingespielte Band zugange, dass sie einem einen fantastischen Trip beschert. Traumhaft heißt traumhaft und bekommt von mir unter Erwägung des ´hat man bis 1972 schon gehört´ – Faktors eine dicke 9.