~ T on Tour (Part I) ~
Thomas Thielen, in der Szene besser bekannt als ungooglebares Kürzel t, kommt nach 19 Jahren enigmatischen Daseins als Studionerd und grummeliger Soundperfektionist auf die Bühne. Auf Nachfrage hatte er stets behauptet, es sei völlig unmöglich, die detailreichen, vielschichtigen Arrangements und Dynamikeruptionen seiner Musik live angemessen abzubilden, selbst von seinem letzten 2016er Werk ´Epistrophobia´ (Review siehe hier, Shopping hier) nicht. Was denke man sich eigentlich!
Nun tut er es doch. Nach seinem Gig als Frontman der Allstar-Band beim Eclipsed-Geburtstag hatte t unvorsichtigerweise geäußert, dass er sich in Zeiten von in-Ear-Monitoring und Digitalmixern wohl doch vorstellen könne, mal live zu spielen. Nur Tage später wurde er von Angeboten überflutet, am prominentesten wohl ein Samstags-Gig bei „Night of the Prog“ auf der Loreley. Entstanden ist eine ausgewachsene Tour: 2019 geht es durch Deutschland, 2020 sind wohl ein paar Auftritte quer durch Europa geplant.
Damit Thielen aus seinem Status als unbekanntester Topstar der Szene rausfinden kann, sind auf der Bühne natürlich andere Musiker nötig.
Streetclip hat sich gefragt, wie es wohl ist, mit einem Perfektionisten, der sich selbst als „Kontrollfreak“ und „Soundfetischisten“ bezeichnet, zusammenzuarbeiten. Und aus diesem Grund kommt hier in einer kleinen Serie nicht t zu Wort, sondern seine Band. Den Anfang macht Thomas Nußbaum, der den Job des Drummers übernommen hat.
Old-School: Thomas Nußbaum, Drums
Als Musiker und Konsument trifft das wohl vollends auf mich zu. Natürliche Sounds und Musiker, die im Studio ein Werk zusammen erstellen – das ist meine Welt. Natürich begeistern die heutigen Möglichkeiten, in seinem Kämmerlein ein Magnum Opus mit 5.000 Spuren erstellen zu können – sogar ohne weitere Musiker zur Hilfe nehmen zu müssen. Das Endprodukt klingt für meinen Geschmack oft zu kalt, steril und es fehlt ein individueller Sound. Und als Schlagzeuger machen mich programmierte Loops verständlicherweise nicht wirklich an…
Ich hatte also anfangs gemischte Gefühle als mich mein alter Freund und Musikkollege Dominik Hüttermann ansprach, dass t nun sein musikalisches Eremitendasein verlässt und mit einer Tour ans Licht der Öffentlichkeit tritt. Dominik, mit dem ich bei IMATRA lange gearbeitet und auch live viel gespielt hatte, bot mir den Job als Drummer auch zunächst gar nicht an: Er wisse nicht, was da laufen soll, aber wenn er mitreden dürfe, würde er mich vorschlagen. Ich fühlte mich geschmeichelt, war aber ziemlich sicher, dass Thomas schon alles minutiös geplant haben würde, wenn er öffentlich über Live-Auftritte nachdenkt.
So vergingen einige Wochen. Dominik schien involviert, und dauernd programmierte er irgendwelche Dinge. Ich spielte mit meinen anderen Projekten vor mich hin und dachte über die Sache nicht mehr groß nach. Immerhin war ich ja auch nicht so richtig angefixt: Loops, steril und so weiter.
Das änderte sich, als ich in die Musik eintauchte. Dom hatte mir ein paar Links geschickt und angemerkt, dass Thomas mich fragen wolle, ob ich nicht die Drums übernehmen wolle: Anscheinend mochte er mein Spiel bei IMATRA sehr. Ich dachte: Na, komm, hör mal genauer rein. Ich setzte den Kopfhörer auf und fand mich irgendwo anders wieder, weit weg von Gedanken über den Bauplan und die Aufnahme-Bedingungen der Songs, denn: Ein guter Song ist ein guter Song. Punkt. Und da waren viele gute Songs! Mist. Ich fand die Idee eigentlich ganz gut, dass das allein im Studio nicht wirklich funktionieren könne…
Es kam noch übler. Dümmlich grinsend summte ich immer wieder Melodien aus dem t-Oeuvre vor mich hin. Beim Trockenüben (Air-Drums sind eine tolle Erfindung!) wurden mir die rhythmischen Feinheiten immer mehr bewusst: Ich würde mich ein bisschen anstrengen müssen. Aber bei diesem Gedanken lächelt jemand, der auch mal mit Top40 Brötchen verdient, stets. Ich war am Haken.
Als Thomas mich kontaktierte, sagte er als erstes, dass er Angst habe, mich mit Perfektionismus und Kontrollwahn zu vergraulen. Die ersten Proben verliefen aber überaus harmonisch (no pun intended). Aber: Der Mann weiß, was er will, und er weiß es sehr genau, und er weiß noch viel genauer, was er nicht will. Jedes Break wurde kritisch beäugt, und der häufigste Satz war: „Spiel weniger. Kein Portnoy!“ Und so fühlte ich mich als Drummer zunächst wie unter Wasser. Alles war wie in Trance, es war alles entspannt, ich schien in den Songs zu schweben.
Das klingt für alle Trommelklopfer, die mitlesen, jetzt sicher langweilig, und ich dachte das eigentlich auch… aber Thomas erklärte es so, dass wir uns alle vor der Musik vornehm verbeugen müssten, sie machen lassen, sie würde uns von selbst an die Stellen führen, wo wir vortreten und unseren Part dazu beitragen sollten. Und, so doof das klingt: Es war wirklich so. Und überhaupt nicht langweilig – es war tatsächlich ein Zusammenspiel wie ein Tanz, in dem ich das Gerüst und einige Ornamente bauen durfte. Aber fast alles, was diese Arrangements überstiegen hätte, hätte den anderen Tanzenden auf die Füße getreten und sie zum Stolpern gebracht. Für mich eine sehr ungewohnte, aber höchst spannende Art, Drummer zu sein.
Nach und nach haben wir die Arrangements der Studioversionen dann natürlich noch erweitert und angepasst. Aber so lief der Einstieg. Also nochmal: Der Mann weiß, was er will – das ist die halbe Miete. Die talentierten und menschlich feinen Mitmusiker sind dann noch das Sahnehäubchen… Auch die können inzwischen ganz gut tanzen. Und ich? Ich bin bereit – und freue mich riesig drauf, dass es endlich losgeht.
Tourdaten 2019:
22.3. Oberhausen, Zentrum Altenberg (Tickets hier)
4.4. Rüsselsheim, Das Rind (Tickets hier)
20.7. Loreley, Night of the Prog (Tickets hier)
30.8. Gladbeck, Droehnschuppen (17 Uhr!)
26.9. Bremen, Meisenfrei
28.9. Reichenbach, Bergkeller
4.10. Berlin, Die Wabe 2
22.11. Hannover, Chez Heinz
23.11. Trier, Tuchfabrik
https://www.facebook.com/ThomasThielenT