Livehaftig

HARDER THAN STEEL IV

~ 22.09.2018, Dittigheim, Sporthalle ~


Das HARDER THAN STEEL-Festival geht in die vierte Runde und präsentiert ein gut gemischtes Line-up. Der kleine Bruder des METAL ASSAULT-Festival ist dieses Jahr extrem gut besucht. Gute Nachwuchsbands und etablierte Namen ergänzen sich wunderbar. Wie schon die letzten Jahre auch, haben sich die Plattendealer eures Vertrauens ebenfalls eingefunden und man kann sich gleich mit den neusten Veröffentlichungen eindecken. Für flüssige wie feste Nahrung ist auch gesorgt und das zu mehr als fairen Preisen, was dazu führt, dass – je später der Abend – bei manchem der Alkohol etwas zu stark anschlägt. Die Orga läuft rund, die Change Over sind alle in time, nur ASHBURY entern die Bühne etwas verspätet.

 

Mit TURBOKILL, der neuen Band von ex-ALPHA TIGER Sänger Stephan Dietrich, hat man einen echten Hochkaräter als Opener verpflichtet. Gerade hat der Fünfer eine enorm hörenswerte 4-Track-EP veröffentlicht (siehe hier), deren vier Songs die Grundlage des Auftritts bilden.

Daneben haut man noch drei Coverversionen raus, bei denen JUDAS PRIESTs `Painkiller` und HELLOWEENs `I Want Out` mit voller Wucht überzeugen. TWISTED SISTERs `We`re Not Gonna Take It` wird auch gut geliefert und sorgt für die ersten Tanzeinlagen. Dietrich singt exzellent, seine Mitstreiter liefern tadellos.

Die Truppe klingt gut eingespielt und hinterlässt einen starken Eindruck. Der ganze Auftritt wirkt kraftvoll, energisch und vor allem sehr überzeugend. Dass man seine EP vor Ort für schlappe fünf Euro vertickt, soll nicht unerwähnt bleiben. Wer da nicht zugeschlagen hat, war schlicht doof.

 

Die schottischen MIDNIGHT FORCE stehen als zweites auf den Brettern der Sporthallen Bühne und liefern einen soliden Gig ab. Ihr Mix aus NWoBHM und klassischem Heavy Metal wirkt hier und da etwas kauzig, hat aber seine Momente. Vielleicht sollten sie noch ein bisschen an ihrem Stageacting arbeiten und auch das Outfit ist nicht wirklich förderlich.

Der Acht-Song umfassende Gig konzentriert sich auf die Tracks des gerade kürzlich veröffentlichten Debuts `Dunsinane` (siehe hier). Die schnelleren Passagen der Stücke überzeugen mehrheitlich, wogegen die kauzig-epischen Passagen etwas unausgereift klingen.  John Gunns Gesang dürfte auch für Diskussionen sorgen, wobei dieser nicht schlecht klingt, aber in die Sparte „Hate or Love“ fällt. Netter Auftritt mit deutlicher Luft nach oben.

 

CHEVALIER gingen bisher an mir vorbei. Schande über mich. Die Finnen um Frontdame Emma Grönqvist sind für mich die positive Überraschung des Festivals.

Ihr ruppiger Speed Metal zieht verdammt viele Leute von den Bier-, Fress- und Platten-Ständen ab und macht die Hütte ziemlich voll. Es wird im Publikum gebangt – auf Teufel komm raus. Fist-in-the-Air-Posen sind Standard während des Gigs. Zwar lässt das Stageacting auch hier Platz nach oben, aber die musikalische Aussagekraft der Stücke ist enorm. Emma screamt, schreit und verblüfft immer wieder mit ungeahnten Höhen!

Derweil die beiden Gitarristen Tommi und Mikko einen satten Gitarrenteppich zaubern, surft Emma mit ihren Screams auf denen. Der sieben Songs umfassende Auftritt enthält drei Stücke der neuen EP `Chapture II`, bei dem vor allem `The Curse Of The Dead Star` sowie `Wrath Of Steel` herausstechen. Der Auftritt wirkt ungezwungen und dennoch äußerst professionell. Für mich, rein musikalisch gesehen, der Tagessieger.

 

Da müssen CAULDRON schon mächtig nachlegen, um die aufgeheizte Meute in der Halle weiter gut zu entertainen. Das kanadische Trio schafft das dann auch mühelos. Mit ihrem neuen Album `New Gods` liegt der Schwerpunkt des Gigs klar auf der Hand.

Die Kanadier wirken top eingespielt und äußerst souverän. Dass sich die Band auflösen will, ist eigentlich nicht zu glauben, bei dem was und wie hier geliefert wird. Da hat man das Gefühl, die Band brennt für ihre Songs und dementsprechend wirkt das alles sehr überzeugt. Durch den transparenten Sound wirkt das Material noch deutlich druckvoller als auf den Alben. Spielfreude und eine gewisse „Fuck you“-Attitüde machen den Auftritt enorm unterhaltsam.

 

Man kann getrost darüber streiten, ob OD SAXON eine Coverband ist oder nicht. Aber eines wird an dem Abend klar: Klassiker sind unverwüstlich, egal von wem sie gespielt werden. Und dass SAXON Klassiker in großer Menge geliefert haben ist einfach Fakt.

Die beiden ex-SAXON Musiker, Bassist Steve Dawson und Gitarrist Graham Oliver, sowie ihre Mitstreiter verwandeln die Sporthalle in ein Irrenhaus. Die Hitdichte des Auftritts muss man nicht extra erwähnen. `Dallas 1pm`, `Wheels Of Steel`, `Crusader`, `Denim And Leather` etc… sprechen da eine eigene Sprache. Die aus hunderten Kehlen mitgegrölten Refrains wirken wie ein Statement.

Mit Bri Shaughnessy haben sie zudem einen Sänger, der Biff nicht unähnlich klingt und als Fronter gut die Leute anzuheizen weiß. Schweiß, Partyfeeling, Massengegröle- der Auftritt ist ein wahrer Triumphzug der Briten. Auch wenn es kritische Stimmen gibt, die Mehrzahl der Anwesenden ist anderer Meinung und gibt OD SAXON eine Daseinsberechtigung.

 

OMEN sind als Co-Headliner gesetzt und werden diesem Status nur bedingt gerecht. Kenny Powell hat wieder einmal ein komplett neues Line-up am Start. Parallel zu diesem Gig haben ´No Remorse Records´ eine auf 500 Kopien limitierte CD-Single mit den beiden neuen OMEN Songs `Alive` und `Evil Seductress` (werden auch beide live gespielt) veröffentlicht.

Die Nachfrage ist enorm und selbst bei Underground Helle sind die Dinger flugs ausverkauft. Kenny, der in ein paar Tagen seinen 64. Geburtstag feiert, wirkt wie immer abgebrüht und aufgeregt zugleich. So schrammelt er von Beginn an die legendären OMEN-Riffs unsauber in die Hallenatmosphäre. Der Sound ist weiter hinten noch am besten zu ertragen. OMEN haben mit Abstand den schlechtesten Sound des Abends und auch die Lautstärke ist recht unangenehm. Je länger der Gig dauert, umso mehr Leute wandern ab, das ist nicht zu übersehen.

Die Setlist enthält die erwarteten Klassiker, mit `Torture Me` und zum Beispiel `Don`t Fear The Night`, aber auch eher überraschendes. Vom letzten Album `Hammer Damage` wird nichts gespielt. Die enorme Geschwindigkeit schrottet viele Songs. Dabei singt Neuzugang Nikos Migus A. (MARAUDER) nicht mal schlecht. Hier und da kommen sogar Vergleiche zu J.D.Kimball auf. Es bleibt festzustellen, dass ein zweiter Gitarrist hörbar fehlt. Die Ansagen des neuen Mannes am Mikro sind recht Klischeemäßig, erhalten aber Applaus. Kenny ackert wie gewohnt, aber irgendwie will der Funke nicht wirklich überspringen. Überzeugend ist anders.

 

Mit knapp zehn Minuten Verspätung gehen dann die sehnlichst erwarteten Headliner ASHBURY auf die Bühne. Beim HTS kann man das neue Album der Legende (siehe hier) schon vor dem offiziellen Release-Date käuflich erwerben, u.a. bei GOM Records oder eben am offiziellen Merch-Stand. ASHBURY-Merch ist besonders begehrt, schon vor der ersten Note von TURBOKILL ist das meiste ausverkauft. Auch `Eye Of The Stygian Witches` geht weg wie geschnitten Brot. Trotz der späten Stunde und dem hohen Alkoholkonsum werden die Amis von der ersten Minute ab- und angefeuert.

Mit drei neuen Songs sowie fünf Coverversionen (BÖC, REO SPEEDWAGON, zwei Mal JETHRO TULL, THE WHO), neben den bekannten Klassikern im Set, demonstrieren die Amis, dass sie seit dem ersten KIT-Auftritt wieder einiges an Professionalität und Spielsicherheit zugelegt haben.

Die Band klingt sehr tight und spielsicher und so wirken ihre Klassiker verdammt energisch. Eine Freundin (thx für den Input A.M. 😉 ) findet es berührend, wie die Band sich zwischen den Songs immer und immer wieder bedankt, während man die Instrumente nachstimmt.

Die sympathische Ausstrahlung der Herren wirkt äußerst beruhigend. Der Sound ist transparent, sehr klar und rundet den Auftritt, der von hunderten Kehlen lautstark mitgesungenen Songs, mit einem Schauer ab. Aus berufenem Munde war da zu hören, dass dies die bestgespielte Show war, die ASHBURY bisher abgeliefert haben.

Ein rundum gelungenes, kleines Festival, das mit vielen freiwillig helfenden Händen erneut zu einem Erfolg wurde. Die Bandauswahl war hervorragend. Mal abgesehen vom Headliner, dessen Name schon alleine für hohe Qualität bürgt, haben die jungen, eher unbekannteren Namen überrascht.

Wie gerade am heutigen Montag, den 24.09.2018 bekannt wurde, war dies erst einmal das letzte HARDER THAN STEEL-Festival. Aufgrund des Überangebots an Festivals, die alle in den letzten Jahren aufgetaucht sind, wäre die ganze Situation äußerst angespannt. Aber für die Freunde des Veranstalters bleiben ja das KEEP IT TRUE, das METAL ASSAULT und das HAMMER OF DOOM. Eine ganze Menge in diesen Zeiten.


Fotos: Thomas Schneider, Jürgen Tschamler

 

 

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