SACRAL RAGE – Beyond Celestial Echoes
~ 2018 (Cruz Del Sur Music) – Stil: Tech Metal ~
SACRAL RAGE streben mit ihrem dritten Album hoch hinaus. Ließ der Vorgänger bereits restlos begeisterte Musikhörer zurück, erklimmt ´Beyond Celestial Echoes´ die nächste Stufe der Kombination aus melodischem und höchst technischem Heavy Metal. Die Hellenen loten die unbeanspruchten Möglichkeiten der von WATCHTOWER sowie HELSTAR und CRIMSON GLORY ausgesäten Tech Metal-Gewächse aus, fügen diesen einen neuen Schnitt von DEATH sowie erstmals unüberhörbare Schreie von MERCYFUL FATEs King Diamond hinzu und kreieren obendrein einen konzeptionellen Faden, dessen Höhepunkt, das fünfzehnminütige ´The Glass´, ihr eigenes ´2112´ wird, um zukünftig in der Ahnenfolge von RUSH vorzukommen.
Das Konzept führt auf ´Beyond Celestial Echoes´ die Geschichte des Alien-Androiden fort, der auf seinen Reisen durch Raum und Zeit seiner Suche nach ewiger Lebensenergie nachgeht. Wenn der Todesstern vom Himmel fällt und das Gleichgewicht der Welt verändert, ertönen zu Beginn von ´Eternal Solstice´ Chorgesänge als befänden wir uns auf dem kommenden Werk von THEM. Doch es ist eindeutig Prog Metal der hektischeren Sorte, den SACRAL RAGE dem gebannt auf dieses Werk wartenden Hörer anbieten. Ihre eigene, bisherige Diskografie übertreffen SACRAL RAGE überraschenderweise abermals, auch wenn es neuerdings eine etwas größere Ausdauer und einen maßloseren Lautstärke-Einsatz benötigt, um die musikalischen Wirrungen im eigenen Kleinhirn wonnig aufzuknoten. In Anbetracht der Story nicht weiter verwunderlich, erscheint faktisch zu Beginn der dunkle Lord, um, nur dem Anschein nach, Sänger Dimitris in der ersten Zeile jeder Strophe die Kronjuwelen abzuknipsen. Völlig verloren im Nichts, ohne Zeitgefühl, begehen die Bass-Saiten in feinster WATCHTOWER-Manier eine Fortsetzung der Reise mit ´Vaguely Decoded´, knackiges High-Speed-Solo und Thrash miteinbegriffen. Noch rascher zieht es ´Suspended Privileges´ durch den Nebel von Äonen, zum zappeligen Rhythmus, dementsprechendem Gesang, sowie irren oralen Ausbrüchen. Dann wacht in ´Samsara (L.C.E.)´ der übermächtige Gott Amun Ra auf. Der Tod breitet sich fortan im Staat Utopia aus, ein Überleben gibt es nur in den Tälern des ebenso betitelten ´Necropia´. Auch hier gelingt der Spagat zwischen gemeinem und turmhohem Gesang. Vor dem angekündigten epischen Finale ´The Glass´ bietet sich ´Onwards To Nucleus´ zur Rast und zum Genuss akustischer Klänge an. Schließlich schreiben wir das Jahr 2117 – und die Überbevölkerung stellt die Welt vor unlösbare Probleme. `The Glass´, ein künstlicher Kreislauf zur Sauerstoffversorgung, ist die Lösung und der erste Schritt zur Besiedelung weiterer Planeten. Wirbelnde Rhythmen, Background-Unterstützung für die Storyline, Gitarrenfinessen und ein seelenzerfetzender Gesang stehen zum Schlussakt von ´Beyond Celestial Echoes´ bereit. Eine Begegnung der unheimlichen Art: hernach wieder alle Sinne unter Kontrolle, in der Realität oder in Utopiaaaaaaa?
Real ist SACRAL RAGE mit ´Beyond Celestial Echoes´ das beste Exemplar seiner Gattung seit ´Black Future´ von VEKTOR gelungen.
(9 Punkte)
Michael Haifl
Der VEKTOR-Vergleich des Kollegen ist nicht der verkehrteste, trifft’s stilistisch gesehen freilich nur bedingt. SACRAL RAGE sprechen aufgrund ihrer tiefen Verwurzelung im US-Powermetal ein wesentlich größeres Publikum an als die Komplexthrasher aus Phoenix, zudem haben sie mit Dimitris Kartaloglou einen Sänger an Bord, der diese Bezeichnung auch wirklich verdient.
Im Unterschied zum famosen Vorgänger ´Illusions In Infinite Void´ ist die virtuos zwischen King Diamond, James Rivera und Alan Tecchio changierende Stimme des 31-Jährigen dieses Mal weiter in den Vordergrund gemixt, was dem durchwegs erstklassigen Material ein stärkeres MERCYFUL-FATE-Aroma verpasst als manchem musikalischen Kosmonauten lieb sein wird. Mich stört’s kein bisschen – angesichts solch todesgeiler Abfahrten wie ´Vaguely Decoded´ (Helium marsch!), ´Suspended Privileges´ mit seinem Blastbeat-Finale und dem vorab veröffentlichten ´Necropia´, das den Bogen von WATCHTOWER und HELSTAR bis hin zu QUEEN spannt, bleibt einem als Texas/Progmetal-Lunatic keine andere Wahl, als erigiert am Rad zu drehen. Jeff Waters, Chuck Schuldiner, Midnight und Piggy (3 x R.I.P.) wären stolz auf ihre musikalischen Erben, deren Weiterentwicklung zur neuen Speerspitze des harten Progs unaufhaltsam voranschreitet.
´Beyond Celestial Echoes´ ist zu jeder Sekunde spannend, stets anspruchsvoll in seinen Rhythmuswechseln und Solobreaks, aber zu keinem Zeitpunkt gewollt kompliziert. Unreifen Selbstzweck und Gitarrenmasturbation sucht man bei den Griechen vergebens, hier haben wir es mit einer Band zu tun, die den Sound ihrer Helden mit Geschick und Grips zu einem Cocktail vermengt, der schon jetzt zeitlose Züge trägt. Dass sie sich auch auf Longtracks verstehen, beweisen SACRAL RAGE mit dem abschließenden Viertelstünder ´The Glass´, der einen – man folge dem weißen Kaninchen – auf eine lohnende Reise ins Gehirn dieser Ausnahmeband schickt und klar macht, dass aus diesen bunt erleuchteten Kammern noch weitere Großtaten schlüpfen werden.
Die Zukunft des Metal trägt mehrere Namen. SACRAL RAGE ist einer der wichtigsten davon.
(9,5 Punkte)
Ludwig Krammer
http://ww.facebook.com/SacralRage
(VÖ: 19.10.2018)