LEECHED – You Took The Sun When You Left
2018 (Prosthetic Records) – Stil: Hardcore
Mit CODE ORANGE und ihren Wegbereitern der neuen Welle des Hardcore-Industrial-Metals, HARMS WAY, scheint jetzt mehr Strömung reinzukommen. Die ohnehin geschmackssicheren Menschen bei Prosthetic Records (u.a. SKELETONWITCH und KYLESA) haben sich jetzt ihr Stück vom Kuchen mit LEECHED gesichert. Das junge Trio aus Manchester zeigt auch sofort, was in seiner soliden Hardcore-Metal-Backmischung steckt – garniert um leckere Industrial-Streusel.
In Britannien haben sie, nicht zuletzt dank ihrer letztjährigen Debüt-EP ’Nothing Will Grow From the Rotten Ground’, eine recht schnell wachsende Gefolgschaft. Sie scheinen ihrem Land die Härte und Konsequenz zu liefern, die eine durch Brexit-Hin-und-Her verunsicherte Jugend gerade sucht und braucht. Und die Band liebt die klare Kante: Ihre kaltschnäuzig-trostlose Ausstrahlung auf ’You Took The Sun When You Left’ erinnert in den besten Momenten an das Wirken ihrer Landsleute GODFLESH zu Beginn der 1990er. Allerdings ohne Alleinstellungsmerkmal, welches Justin Broadrick & Co. damals durchstarten ließ. Denn: Metal und Industrial werden heute in jedem dritten Proberaum von der Antarktis bis zur Zentralafrikanischen Republik gekreuzt. Allerdings haben LEECHED ihre Hausaufgaben gut gemacht, wissen, wie knackig-kalte Riffs’n’Grooves aus Zeiten von ’Streetcleaner’ und ’Pure’ heute klingen können – ergänzt um fiesen Hardcore, eingebettet in harte Beats.
“We wanted it to be as hard-hitting and violent as possible“, so die Band. Ziel erreicht. Wo noch Luft nach oben ist? Beim Songwriting. Die Melange aus Rotz, Dissonanz und ranzigen Beats schmeckt – aber würden die Jungs insbesondere ihren Riffs bzw. Djents mehr Aufmerksamkeit über die Genre-Standards hinaus schenken, dann wäre noch mehr Schmackes drin. Man merkt, dass sie noch Kraftreserven haben, dass sie sich absetzen wollen – und direkt aufschließen zu Szenegrößen wie CODE ORANGE und HARMS WAY. Könnte mir auch gut vorstellen, dass KEN MODE, die uns glücklicherweise auch bald mit einem neuen Album beehren, passende Tour-Partner und musikalische Mentoren wären für die drei Nachwuchskräfte.
Anspieltipps: ’Guilt’, ’A Mouth Full Of Dirt’, ’You Took the Sun When You Left’.
(7,5 Punkte)