GET WELL SOON – The Horror
2018 (Caroline/Universal) – Stil: Pop
Bereits sein Debütalbum ´Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon´ schuf Konstantin Gropper im Alleingang und in seinem Wohnzimmer. Im Gegensatz zu anderen aufstrebenden Indie-Künstlern sind bei Konstantin Gropper jedoch die Schlafzimmer-Produktionen passé. Seither schreibt er an Soundtracks und ist Produzent, natürlich auch seiner eigenen Werke. An die große Instrumentierung hat er sich auch bei seinem neuesten Werk von GET WELL SOON getraut. Diesmal im Sinne von Frank Sinatra. Ein 50er Jahre Album im Jahr 2018. Die Idylle aus Schwarz-Weiß-Zeiten, die Idylle der letzten beiden Jahrzehnte wird vom realen Horror pompös übertroffen. Konstantin Gropper wendet sich auf ´The Horror´ keinen B-Movies zu, sondern der Wirklichkeit. Inspiration schenkten ihm nicht nur Frank Sinatra-Sidekick Nelson Riddle, sondern ebenso die Werke des 20. Jahrhunderts von Charles Ives oder Morton Feldman sowie der Soundtrack-Meister Alfred Hitchcocks Bernard Hermann oder der Franzose Philippe Sarde. Realitätscheck geglückt.
Seine Albträume, in Gestalt der drei richtungsweisenden Kompositionen ´Nightmare No1 (Collapse)´, ´Nightmare No2 (Dinner at Carinhall)´ und ´Nightmare No3 (Strangled)´, verbindet Konstantin Gropper mit der grausamen Realität. Eine Realitätsbetrachtung deklariert, dass wir auf den Ruinen der Vergangenheit und in den Ruinen der Zukunft leben. Diese erschreckende Erkenntnis lässt Konstantin Gropper mit Trommeln und Trompeten real werden (´Future Ruins´), die Luftschutzsirene im Nacken, und überrascht im Opener mit dem einführenden Gesang der tunesischen Sängerin Ghalia Benali und ihrem integrierten mittelalterlichen Stück arabischer Herkunft ´Lama Bada Yathatanna´. Melancholie im Angesicht zu Hildegard Knef.
Gastauftritte sind auf den Werken von GET WELL SOON dennoch eher ungewöhnlich. Noch verblüffender daher obendrein der Beitrag des in Kanada aufgewachsenen Berliner-Dandys Sam Vance-Law, der das “Märchen von einem, der auszog das Fürchten zu lernen” in das Werk einfließen lässt, und uns im Aufzug mit zu einem Traumgang durch Hermann Görings Villa mitnimmt (´Nightmare No2 (Dinner at Carinhall)`), ehe der Protagonist daran zu ersticken droht (´Nightmare No3 (Strangled)´). Da hilft nur noch die Flucht. Gegenüber den „Nazi-Bitches“ in der Politik muss man aber standhaft bleiben und sich widersetzen (´The Only Thing We Have to Fear´), obwohl der Ratschlag, nicht unsere Töchter in Panik zu versetzen, sondern unsere Söhne zu belehren, naiv erscheint (´Nightjogging´). Die in Berlin lebende Australierin Kat Frankie liefert zumindest hierzu den passenden Sprechgesang. So findet selbst der Märtyrer persönlich mit Streichern und Bläsern seinen Rufus Wainwright und Swing (´Martyrs´). Die volle Gestalt künstlerischer Magie zeigt im großen Ganzen ´The Horror´, der Crooner in Vollendung ´Nightmare No. 2 (Dinner at Carinhall)´ und ´(Finally) A Convenient Truth´ den majestätischen Ausklang.
(8 Punkte)