MAJOR PARKINSON – Blackbox
2017 (Karisma/Soulfood) – Stil: Dark Rock
Überraschungen kommen unerwartet, wohnt ein positives Wesen inne und sind überwiegend angenehm. Überraschungen regen an – zum Umdenken, zur Neufindung. Das neuste Werk von MAJOR PARKINSON ist abermals eine erregend angenehme Überraschung geworden.
Die sieben Norweger entledigen sich auf ihrem vierten, abendfüllenden Album der meisten ihrer zuvor aufgefahrenen Rock-historischen Bezüge aus den roaring Fifties und Sixties, fahren mit Geige, Cello, Saxophon oder Xylophon eine Orchestrierung ihres Sounds auf, dem sie neuerdings immense Elektronik-Beigaben als Polarität hinzusetzen. Sollte sich momentan glatt ein Strömung des Progressive Rock entwickeln, in der sich HAKEN, BULLET HEIGHT, WHEN MARY und MAJOR PARKINSON vermehrt den elektronischen Kräften hingeben? Dennoch bleibt die nordische Kühle trotz Loops und Elektro-Sequenzen unangetastet, lebt sich die Gitarre gleichsam in Americana-Steppen aus.
Vorherrschend in sensiblen Spannungsfeldern erschaudert Jon Ivar Kollbotns Gesang, eignet er sich im Diesseits die Stimmlage längst verblichener Vorbilder an. Aber natürlich ist abgesehen von Leonard Cohen bislang ein Tom Waits oder Nick Cave nicht verschieden. Zudem atmet Linn Frøkedal (LOW FREQUENCY IN STEREO) dann und wann den zierlichen weiblichen Gegenwind aus. Und so öffnet sich die Manege von MAJOR PARKINSON und schubst den Zuhörer in andere Welten. Unter den fluoreszierenden Himmel und seine Dinosaurier-Tapeten an den Wänden, in ein Gespräch mit Plato und Nietzsche, nach Rorschach samt Hieronymus Bosch, in die Bleacher Street zu Gast bei Salvador Dali und Bertrand Russel, in den japanischen Herbst mit Peter Pan und Karl Marx sowie auf einen Chardonnay mit Hemingway. Denn 36 Jahre später tanzt keiner mehr den Mussolini oder den Jesus Christus, sondern schmettert vom Podest: “Blackbox, Blackbox, do the Fritz Lang, dance around the pyre with the rest of the gang.”
(8,5 Punkte)