WOLVES IN THE THRONE ROOM – Thrice Woven
2017 (Artemisia Records) – Stil: Epic Atmospheric Black Metal
Das ist sie also, meine Trostplatte am Abend der Bundestagswahl, und das passt nicht nur musikalisch gesehen perfekt, denn von wie vielen Leuten hatte man heute gehört, dass sie keine Lust mehr auf dieses Land, diese ignorante, von Materialismus, Neid und Angst zerfressene Gesellschaft haben?
Es mögen ähnliche Gründe gewesen sein, welche die Weaver-Brüder dazu brachten, ihren Mitmenschen ganz den Rücken zu kehren und bei Olympia, Washington, in der mächtigen Natur des pazifischen Nordwestens eine Kommune zu gründen. Seitdem müssen sie stets ihre Zeit und Kraft zwischen dem Selbstversorgerdasein und dem Musikmachen aufteilen, und sechs lange Jahre haben ihre Fans nun gebangt (sic!) und gewartet, ob es denn nach ´Celestial Lineage´ (das Ambient-Experiment ´Celestite’ lasse ich hier mal außen vor) überhaupt noch eine Fortsetzung ihres Schaffens geben würde.
So kommt ´Thrice Woven´ einem nun fast wie ein Comeback-Album vor, und es klingt auch genauso frisch und nach Neuaufbruch, wie in Steve von Tills (NEUROSIS) americanesker Beschwörung von Imbolc, dem Jahreskreisfest des frühlingshaften Neubeginns im Rad des Lebens, zu Beginn von ´The Old Ones Are With Us´. Da ist aber mindestens genauso viel Rückbesinnung zu spüren, und zwar auf die nordischen Wurzeln des Flaggschiffs der Cascadian Black Metal-Bewegung – sowohl in thematischer wie in musikalischer Hinsicht. Es ist eine sehr (nord)europäische Platte geworden, die gleichzeitig schwermütig und rau, verspielt und erhaben, mystisch, ätherisch und mächtig, aber vor allem an allen Ecken und Enden nach den Wölfen klingt.
Elementargeräusche von Wind, Feuer und Brandung betten die Platte in die uns alle umgebende Natur ein, und öffnen damit das Tor in die mystisch-verträumte Welt von WOLVES IN THE THRONE ROOM. In den langsameren Parts wurde das Tempo zugunsten von doomiger Schwere deutlich herausgenommen (Wolfsmutter ‘Angrboda’), Nathans Vocals klingen insgesamt gemäßigter, gesetzter. Aber keine Sorge, die gewohnten Blastbeat-Stürme heißen uns gleich in ´Born From The Serpent’s Eye’ willkommen, genau dieser erste Song bietet aber auch die gewohnt wunderbaren Wechsel zwischen grimmig-furiosem Tremolo-Picking und episch-flammenden Melodien. Auch diesmal lassen sich die Weavers von einer Gastsängerin unterstützen. Diese singt stilecht in ihrer schwedischen Muttersprache, und das mit Tönen, die das Etikett “ätherisch” neu definieren (hier oder pure Gänsehaut erzeugend im Intro von ´Mother Owl Father Ocean´). Passenderweise hat auch sie den Wolf im Namen: Anna von Hausswolff. Die sich durch das ganze Album ziehende Wolfsthematik findet sich übrigens auch auf dem sehr treffenden, mittelalterlich anmutenden Cover von Denis Forkas wieder.
Diese sehr reife Platte ist wie ein warmes Fell, das dich nach einem langen Tag draußen in der (un)menschlich-kalten Wildnis zurück daheim am Feuer schützend einhüllt und bis ins Herz wärmt. Aber Moment mal – Wolfsfell, Wolfspelz…wie war das noch mit meinen Gedanken zur Wahl? Egal, völlig unbedeutend. Ragnarök ist noch fern, Fenris weiterhin in Fesseln. Der Winter kann kommen.
(8 wohlig-hoffnungsvolle Punkte)
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