BLEEDING – Elementum
~ 2017 (Pure Steel Records) – Stil: Progressive Metal ~
Wer aus der Vergangenheit gelernt hat und selbst heutzutage noch frische Musik hören will, schenkt seine Aufmerksamkeit 2017 BLEEDING.
Nach dem wegweisenden Debüt ´Behind Transparent Walls´ ist ´Elementum´ das erfahrungsgemäß schwierige Zweitwerk. Zu allem Übel mussten die Stammpositionen an Bass und Drums mit neuen Leuten garniert werden. Heiko Spaarmann und Andreas Tegeler von den ewigen Hopefuls POVERTY´S NO CRIME füllen diese Leerstellen aus und haben infolgedessen gleichzeitig BLEEDING zu einem weiteren Leistungsschub verholfen.
Schnelle, fingerfertige Riffs bahnen sich augenblicklich in ´When They Come´ ihren Weg inmitten äußerst zielgerichteter Thrash-Salven, so dass umgehend auch BLEEDING in Euer Abendgebet zwischen DEPRESSIVE AGE und WATCHTOWER eingeschlossen werden muss. Unterdessen verbrennen sie haufenweise psychedelische Wohlfühlmomente, von denen in Zukunft Generationen zehren können. Gerade in diesen kann sich Mikro-Stern Haye Graf theatralisch zwischen dark und herzzerbeißend ausleben. Da brennt das Feuer lichterloh, wenn sich die Wallungen, die extraterrestrischen Saitenflinkereien psychopathisch in ´Heir To Apostasy´ brausend erheben und zu guter Letzt die schönsten sowie weit längeren Schreie seit Jon Oliva ins Schienbein fräsen. Dem Titel ´Paranoia´ angemessen, setzt Haye Graf seinen bühnengerechten und aufsehenerregenden Gesangsvortrag fort. Großartiger kann auch der Diamantenkönig, in einer anderen und nur ihm vorbehaltenen Dimension, niemanden in seinen Psycho-Märchen um die Finger wickeln, während die Gitarren schwingen, kreisen oder malträtieren, ehe in letzter Sekunde anscheinend Marc Nickel und Jörg von der Fecht von ihren Saiteninstrumenten gewaltsam getrennt werden.
Selbstverständlich dürfen zum ausschließlich instrumental zelebrierten ´Elementum´ wieder alle an ihre Spielgerätschaften zurück. Böser und hektischer, genauso mit minimalen Erholungsphasen gesegnet, klingt ´Immortal Projection´, endet gleichwohl in seiner progressiven Ader überraschend ausufernd, Ton für Ton ausklingend, in waltzend psychotischer, ruhig-metallischer Manier. So werden weder unzählige Songs aus diesem reichen Ideenfundus ausgebreitet, ein Lied saugt sie alle ein, noch füllen BLEEDING gefühllos jeden luftleeren Raum mit Gitarren-Bombardements. Zwischen Riff-Gewitter in Schusswaffen-Stellung und melancholischem Schwermut-Blei flackert ´Macbeth´ in die Langzeit-Wirkung hinein. Ein extrem freudig prägnantes ´Sense And Science´ wird durch chronische Kopfschüttler geehrt. Drohend schwingt hingegen ´Ember´ über melodischen NEVERMORE-Blüten dahin. Innerhalb der letzten Umdrehungen demonstrieren BLEEDING anschaulich wie aus einer neo-progressiven Idee unter Kanonenbeschuss ein schwarmbefallenes, progressives Metal-Stück wird, das ´Shipwrecked´ mit sich selbst, anstatt mit dem Bösen ist.
BLEEDING weisen dem 90s Progressive Metal im neuen Jahrtausend die Zukunft.
(9,5 Punkte)
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