THE BEATLES – Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band
~ 1967 / 2017 (Apple Corps Ltd./Capitol/USM) ~
Jubiläen müssen gefeiert werden. Besondere Jubeltage erst recht. Denn in diesen Tagen jährt sich die Veröffentlichung von ´Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band´ zum 50. Mal und wird mit einer Reihe von hochkarätigen Jubiläums-Editionen gefeiert.
Einst am 26. Mai 1967 in Großbritannien, am 30. Mai 1967 in Deutschland und in den USA am 1. Juni 1967 als achtes Werk der BEATLES veröffentlicht, kann dieser Meilenstein von John Lennon, Paul McCartney, George Harrison, und Ringo Starr neben ´Pet Sounds´ von den BEACH BOYS als eines der größten popkulturellen Werke angesehen werden.
Aus diesem Anlass wurde das Album von Produzent Giles Martin, Sohn von George Martin, und Mix-Techniker Sam Okwell samt Toningenieuren und Sound-Restauratoren der ‘Abbey Road’-Studios anhand der originalen Vier-Spur-Aufnahmen George Martins frisch in ‘Stereo’ und ‘5.1 Surround Audio’ gemischt sowie mit Studio-Takes und Ur-Versionen einiger Albumtitel erweitert. Verfechter der ‘Mono’-Versionen verpassen hier im Gegensatz zur alten ‘Stereo’-Version klarere und druckvollere Instrumente.
Zwischen November und April verbrachten die BEATLES gut 400 Stunden in den “Abbey Road Studios 2” und schlossen diese am 21. April 1967 ab. “Wir hatten damals eine Art Kunst daraus gemacht, das, was eben technisch möglich war, mit Tape-Recording zu realisieren“, sinnierte George Martin. Zudem konnte für das Super-Deluxe-Boxset der bislang unveröffentlichte Dokumentarfilm “The Making Of Sgt. Pepper” aus 1992 technisch restauriert werden.
Obwohl bis heute natürlich das innovative Songwriting und die an ´Pet Sounds´ Anschluss suchende Produktion gepriesen werden, ließ erst das Artwork mit seinem ausgefallenen Design die Grenze zwischen Popkultur und Kunst verschmelzen. In Zusammenarbeit mit Paul McCartney wurde das Cover-Artwork, ein Gruppenbild mit 70 Persönlichkeiten der damaligen Zeit, mit dem Galeristen Robert Fraser, Künstler Peter Blake und seiner Frau Jann Haworth sowie dem Fotografen Michael Cooper entworfen.
“‘Sgt.-Pepper‘ schien damals wohl einfach die gesellschaftliche Stimmung des Jahres 1967 musikalisch treffend einzufangen und die Menschen geradewegs zu beflügeln“, bemerkt Ringo Starr im Buch zur Deluxe-Edition der Jubiläums-Ausgabe in Bezug auf den “Summer Of Love”. “Es ist völlig irre, dass wir auf dieses Projekt 50 Jahre später mit so viel Freude zurückblicken – und auch gewissem Erstaunen darüber, wie vier Typen und ein großartiger Produzent samt seiner Tontechniker einen derartigen Klassiker schaffen konnten“, fügt Paul McCartney hinzu.
Mit der SGT. PEPPER´S LONELY HEARTS CLUB BAND kreierten die BEATLES ihre eigene imaginäre Band, eine Militärband des frühen 20. Jahrhunderts, deren Name aus einem Missverständnis zwischen Paul McCartney und dem Roadie Mal Evans entstand. Auf einem Flug bat Mal Paul, ihm Salt und Pepper zu reichen, wobei dieser “Sgt. Pepper” verstand. Und wie meistens in der Kunst, sind auch auf ´Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band´, das sich 27 Wochen an der Spitze der britischen Charts und 15 Wochen in den USA auf Platz eins hielt, weitere viele Ideen rein zufällig entstanden.
Womöglich als SGT. PEPPER´S LONELY HEARTS CLUB BAND befreiter aufspielend, fanden sie ihre Inspirationen bei einem viktorianischen Zirkusposter aus einem Antiquitätenladen in Sevenoaks/Kent (´Being For The Benefit Of Mr. Kite!´), aus einem Fernseh-Spot für Müsli (“Good Morning Good Morning”), aus einem Zeitungsartikel über einen vermissten Teenager, einem Mädchen (´She’s Leaving Home´) und etwas aus der hinduistischen Lehre (“Within You Without You”). Ringo Starr wurde als singender Schlagzeuger zu Mr. “Billy Shears” und sang diesmal keineswegs schief (“What would you think if I sang out of tune? Would you throw ripe tomatoes at me?”). Paul McCartney konnte einen, bereits als Jugendlicher verfassten Song einbringen, der von den Tin-Pan-Alley-Songs inspiriert war (´When I’m Sixty-Four´) und der Mythos hält sich bis heute, dass John Lennons dreijähriger Sohn Julian, mit „Lucy in the sky with diamonds“ geantwortet hat, als er gefragt wurde, was er denn auf sein Papier kritzele, auch ohne LSD im Blut.
Dass die BEATLES den BEACH BOYS nacheiferten ist unbestritten. Produzent George Martin sagte einst äußerst schlicht, dass es ohne ´Pet Sounds´ ihr ´Sgt. Pepper´ nicht gegeben hätte und ergänzte: “´Sgt. Pepper´ war ein Versuch, ´Pet Sounds´ gleichzukommen“. In dieser Stringenz und Gradlinigkeit, gerne ebenso im Kreislauf, entwickelt sich Kunst seit Jahrhunderten, da jeder Musiker aus den eigenen Inspirationen seine Kunstwerke schöpft. Die in einem Nebenstudio zeitgleich mit den BEATLES arbeitenden PINK FLOYD ließen sich in der Syd Barret-Ära wahrscheinlich auch von dem einen (´Lucy In The Sky With Diamonds´) oder anderen Song (´Fixing A Hole´) inspirieren. Ganze Stilrichtungen gründeten sich hernach auf den Songs des Albums (u. a. ´Within You Without You´) und bis heute sprießen Millionen von Gruppen allein aufgrund eines einzelnen Riffs oder eines Geigenstrichs aus dem Boden.
[Klassiker]