FATES WARNING, ARMORED DAWN, FALLEN ARISE
24.01.2017, Hamburg, Logo
Schon lustig wie sich die Erwartungshaltung einiger FATES WARNING-Fans in den letzten Jahren verändert hat. Seit die Band einige ausgesuchte Gigs mit ihrem Original-Sänger gespielt hat (nicht mal eine Handvoll Konzerte in den letzten 30 (!!) Jahren), darf man sich auf die Frage: „Kommst Du auch zu FATES WARNING?“ Antworten wie: „Nee, ist ja nicht mit John Arch!“ anhören. (Siehe dazu auch unser Interview mit ex-FATES WARNING-Gitarrist Victor Arduini).
Irgendwie scheint in Vergessenheit geraten zu sein, dass die Band mit Ray Alder auch eine Menge herausragender Alben veröffentlicht hat, zu denen sicher auch das letztjährige Werk ´Theories Of Flight´ gehört. Aber vielleicht gibt es diese Oldschool-Banausen und Die-Hard-Arch-Fans auch nur in meinem Bekanntenkreis, denn die Tatsachen, dass das Logo sehr gut gefüllt ist, lässt darauf schließen, dass auch die Alder-Ära ihre Anhänger hat.
Wer den Blick durch die Location schweifen ließ, der konnte dort auch Musikerkollegen von ANCIENT CURSE, BLEEDING oder ETERNAL REIGN erblicken, die dem Auftritt der Helden aus Connecticut entgegen fieberten. Es hat auch einen Grund, warum ich diese Bands explizit erwähne, denn jede dieser Combos hätte bei weitem besser ins Vorprogamm von FATES WARNING gepasst, als die beiden Kapellen, die ein offensichtlich hörgeschädigter Booker tatsächlich dazu gebucht hat. Ich hatte den Eindruck, nicht ein einziger der Anwesenden interessierte sich auch nur im entferntesten für eine der beiden Support-Gruppen.
Den Anfang machte das griechisch/britische Konglomerat FALLEN ARISE. Die neue Sängerin Fiona Creaby verfügt zwar über eine solide Stimme und war auch optisch nett anzusehen, konnte aber auch nicht retten, was der – Ihr an die Seite gestellte – Sänger Vlassis Katsaounis mit seinen Growleinlagen und vor allem die dilettantische Sechssaiterin Amy Lewis zerstörten. Die Band trat nur mit einer Klampfe auf und hatte sich dafür eine Gitarristin ausgesucht, die nicht ein Soli oder eine Leadpassage spielte, sondern lediglich simpelste 08/15-Riffs. Tastentier Gus sorgten mit seinem überprägnantem Spiel für alle Melodien und strapazierte damit die Nerven des nicht besonders keyboardaffinen Rezensenten. Glücklicherweise war nach knapp einer halben Stunde diese musikalische Tortur überstanden.
Aber leider wurde es danach nicht viel besser. ARMORED DAWN aus Brasilien bewiesen dann mit ihrem stampfenden Teutonenmetalverschnitt, dass lange nicht alle Südamerikaner Rhythmus im Blut haben. Während hier gitarrentechnisch alles soweit im Lot war, lag der Schwachpunkte diesmal hauptsächlich beim Gesang. Frontmann Eduardo Parras machte zwar mit ein paar Witzchen in gebrochenem Englisch (u.a. über die 1:7 Niederlage der Brasilianer gegen Deutschland) einen recht sympathischen Eindruck, lag aber stimmlich gefühlt andauernd neben der Spur. Sein eintöniger Sprechgesang wurde nur noch durch sein bizarres Outfit (oben: fellbekragter Lederkrieger, unten: schlabberbehoster Mallorca-Touri) überboten. Das am Mikroständer hängende Langschwert, hat bestimmt den einen oder anderen, der dieses Schauspiel in der ersten Reihe ertragen musste, kurzfristig über Harakiri nachdenken lassen. Aber Glücklicherweise war auch hier die Spielzeit auf gut 30 Minuten begrenzt und der doppelten Tortur sollte ein FATES WARNING Auftritt folgen, der für vieles entschädigte.
Ich kann verstehen, dass FATES WARNING für einige beinharte Metal Fans in den letzten Jahren/Jahrzehnten zu sehr in progressive Gefilde abgedriftet sind, aber rein optisch standen da fünf Musiker auf der Bühne (Drummer Bobby Jarzombek durfte natürlich sitzen), die mit Jeans, schwarzen T-Shirts und langen Haaren, außer wo die Natur einen Strich durch die Rechnung machte, metallischer aussahen, als so manche aktuelle True Metal-Kapelle. Der Opener der aktuellen Scheibe ´From The Rooftops´ als Einstieg in den Gig, hat mich einigermaßen überrascht, da hätte ich mir doch etwas knackigeres gewünscht, aber der emotionale Track zeigte auf jeden Fall, dass Sänger Ray Alder recht gut bei Stimme war (was bei vergangenen Touren nicht immer der Fall war).
Textlich schien der gute Ray am ersten Tag der Tour aber noch nicht ganz sattelfest zu sein, denn er brauchte zur Sicherheit noch einen Teleprompter. Ansonsten muss man aber attestieren, dass der Headliner musikalisch an diesem Abend nicht nur in einer anderen Liga spielte, als seine Vorbands, sondern gleich in einer anderen Welt. Bandkopf Jim Matheos verzog zwar – mal wieder – während des gesamten Auftritts keine Miene, spielte aber seine Gitarre mit einer souveränen Lässigkeit. Besonders beeindruckend fand ich insbesondere die Rhythmussektion, um den agilen Basser Joey Vera und Drummer Bobby Jarzombek, dem selbst die schwierigsten Passagen leicht von der Hand gingen.
Ich muss gestehen, dass ich FATES WARNING bis zur ´Parallels´ (mit Abstrichen vielleicht bis zu ´Inside Out´) für eine der besten Bands der Welt gehalten habe, danach aber nicht mehr. ´A Pleasant Shade Of Gray´ oder ´Disconnected´ mag ich zum Beispiel gar nicht und so war die Setliste auch wirklich nicht für meinen Geschmack ausgerichtet, denn neben dem aktuellen Werk und ´Parallels´ gab es sehr viele Songs aus der von mir ungeliebten Phase zu hören.
Der Klassiker ´No Exit´ wurde zum Beispiel nur mit einem Teil des Instrumentals ´The Ivory Gate Of Dreams´ gewürdigt. Zum Abschluss gab es mit ´The Eleventh Hour´ und ´Point Of View´ (bei dem Ray allerdings hörbar schwächelte) einen genialen Doppelschlag, der das Hamburger Publikum zu lauten Zugaberufen animierte. Diese wurden dann mit ´Through Different Eyes´ (von ´Perfect Symmetry´) und ´Monument´ (von ´Inside Out´) erfüllt.
Und gerade als sie vier Stücke hintereinander gespielt hatten, die mir ausnahmslos gut gefallen haben, war das Konzert schon wieder beendet. Da insgesamt wohl die 80 Minuten Marke angekratzt wurde, kann man sich über die Spielzeit nicht wirklich beschweren. Insgesamt hinterließen FATES WARNING ein zufriedenes Publikum in fast ausverkauften Logo und da Ray, aufgrund der überschwänglichen Sympathiebekundungen, ein ums andere Mal mit den Tränen zu kämpfen hatte, denke ich mal, dass auch die Band ihren Abstecher ins winterlich kalte Hamburg nicht bereut hat.
Wer auf FATES WARNING steht und im Idealfall auch der Mittneunziger/Anfang 2000er Phase positiver gegenübersteht, als ich, der sollte sich diese Tour nicht entgehen lassen. Aber man sollte ruhig etwas später erscheinen, weil das die Chancen steigert, die beiden grottigen Vorbands zu verpassen.
FATES WARNING Setlist:
From The Rooftops
Life In Still Water
One
A Pleasant Shade Of Gray – Part III
One Thousand Fires
Seven Stars
A Handful Of Doubt
Firefly
The Light And Shade Of Things
A Pleasant Shade of Gray – Part IX
A Pleasant Shade of Gray – Part XI
The Ivory Gate of Dreams – Part VII: Acquiescence
The Eleventh Hour
Point Of View
—
Through Different Eyes
Monument (Inside Out)