Livehaftig

ATTIC, DISSORTED, SHADOWBANE

26.11.2016, Oldenburg, MTS


Vielleicht erinnert sich noch der eine oder andere an das – mittlerweile leider eingestellte – „Heavy (oder was?!)“ Magazin, bei dem ich lange Jahre tätig war. Wie bei vielen anderen Printheften auch, gab es zum „Heavy“ ab und zu eine CD-Beilage. Auf dieser waren allerdings nicht die neuesten Songs von bekannten Bands zu finden, sondern die besten Bands ohne Plattenvertrag. Zur 21sten Ausgabe dieser – mit dem schönen Titel „Metal Crusade“ benannten – Sampler-Reihe hatte ich im Jahr 2012 sowohl ATTIC (mit „The Headless Horseman“) als auch SHADOWBANE (mit „Source Of Grief“) vorgeschlagen und beide Bands landeten dann auch auf der CD. Gute vier Jahre später haben beide Bands einen Plattenvertrag ergattert und ihre jeweiligen Debütalben veröffentlicht. Da sie nun zum allerersten Mal einen gemeinsamen Gig bestritten, konnte ich mir das natürlich nicht entgehen lassen – insbesondere, da es auch noch in einer meiner Lieblingslocations stattfand: MTS Citysound in Oldenburg.

Obwohl die Parksituation in Oldenburg aufgrund des weihnachtlichen Lambertimarktes an diesem Samstag Abend extrem angespannt war und die Fußgängerzone, in der das MTS liegt, aus allen Nähten zu platzen schien, hatten sich doch knapp 100 Metalfans eingefunden, um das vom Hellpower-Verein und der MTS Crew zusammengestellte Dreierpackage aus ATTIC, DISSORTED und SHADOWBANE abzufeiern. Schon kurz nach Einlass um 20 Uhr erklommen die ersten Langhaarigen die steile Treppe in den urigen Laden, um bei gewohnt netter Atmosphäre, alkoholischen bzw. antialkoholischen Getränken und vereinzelt einer Tüte frischen Popcorns mit Gleichgesinnten über den Metal oder die Welt im allgemeinen zu fachsimpeln.

SHADOWBANE

Kurz vor 21 Uhr verkündete das Intro den Beginn des Gigs der Hamburger SHADOWBANE, die sich – frisch zurück gekehrt von einer Drei-Tages-Tour durch den Norden der Republik – extrem gut eingespielt präsentierten. Vielleicht war auch der neue Drummer Christian Garagatti ein Faktor, warum mir die Band live viel besser gefiel, als noch bei der Recordreleaseparty zu ihrem Debütalbum „Facing The Fallout“. Natürlich stammten auch die meisten Stücke des gut 60 minütigen Gigs von eben jenem Werk. Mit „Beyond The Winds Of War“ und „Traitor“ fanden die sympathischen Hanseaten sehr guten Zugang zum Publikum und so wurden auch einige SHADOWBANE-Neulinge in Oldenburg zu Shadowbaniacs konvertiert. Auf der recht kleinen und niedrigen Bühne hatte die Band auf jeden Fall mehr mit der Hitze der Scheinwerfer und der Enge des Platzes zu kämpfen als damit, die anwesenden Metalheads von sich zu überzeugen.

Nach dem einzigen brandneuen Stück „Follow The Sign“ zeigten sich SHADOWBANE dann auch noch von ihrer spendablen Seite und ließen ihr Bandmaskottchen „Miss Radiaton“ zu dem Instrumetal „Sonic Inferno“ grünleuchtenden Pfefferminzlikör in Reagenzgläsern ans Publikum verteilen. Der eine oder andere hatte wohl schon vor dem Gig beim Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt zugeschlagen, denn die Dame musste unter ihrer Gasmaske und dem ABC-Anzug eine Zeit lang schwitzen, bis endlich alle Gläser geleert waren. Nach „Under Bleeding Skies“ spielten SHADOWBANE mit „King Of The Kill“ eine echt coole Coverversion von ANNIHILATOR, ehe man mit der Bandhymne „Dystopia“ den sehr gelungenen Auftritt ausklingen lies. Nachdem das Publikum lautstark eine Zugabe gefordert hatte, kam dann auch noch der „Metal Crusade“-Track „Source Of Grief“ zum Einsatz und beendetet nun endgültig den richtig überzeugenden Opener-Gig der Hamburger.

SHADOWBANE-Setlist:

(Intro)
Beyond The Winds Of War
Traitor
After The Fallout
Tear Down The Walls
Badlands Law
Follow The Sign
Sonic Inferno
Under Bleeding Skies
King Of The Kill (ANNIHILATOR Coverversion)
Dystopia

Source Of Grief

 

DISSORTED

Ich muss gestehen, die Münchner Thrasher von DISSORTED waren mir vor diesem Konzert kein Begriff, obwohl sie bereits 2014 ihre Debüt-EP „I“ veröffentlicht haben und auch schon mal in Oldenburg aufgetreten sind. Sänger Mirco Ebersold hatte wohl auch eine persönliche Vergangenheit zum heutigen Auftrittsort und erzählte von der Zeit, in der er noch in Oldenburg gelebt hatte. Er lobte die Arbeit des Hellpower Clubs und des MTS’ für die lokale Metalszene. Diesen wohlverdienten Worten konnte sich das applaudierende Publikum (und auch der Verfasser dieser Zeilen) nur anschließen. Die musikalische Ausrichtung der Band ließ sich bereits an den Shirts der Gitarristen Florian Schadhauser und Sebastian Stulz ausmachen, die in EXODUS bzw. MIDNIGHT-Leibchen gewandet waren. DISSORTED waren eindeutig die einzige Thrashband des Abends und ballerten eine an TESTAMENT oder KREATOR erinnernde Riffsalve nach der anderen ins Publikum. Mirco machte seine Sache als Frontmann hervorragend, als Sänger war mir persönlich seine Stimme etwas zu aggressiv und zu wenig melodiös, was anscheinend einige andere auch so sahen, denn im Verlauf der Spielzeit des Münchner Newcomers verlagerte sich das Publikum doch zusehends in den Nebenraum, wo man Getränke und Merchandise erwerben konnte.

Da konnte auch der MEGADETH Doppelschlag „Holy War“ und „Symphony Of Destruction“ nicht mehr helfen. Ich muss auch gestehen, dass der gerade der erste Coverteil nicht so gelungen war. Da haben mir die DISSORTED-Eigenkompositionen wie „Persecutor“, „Picasso Warhead“ oder „The Somnabulist“ live besser gefallen. Aber vielleicht sind Coverversionen auch einfach nicht das Ding der Buam aus Bayern, denn auch das abschließende „Breaking The Law“ hätte man sich lieber verkneiffen sollen. Nur die wenigsten Thrash-Shouter können ein Halford-kompatibles Organ vorweisen und Mirco gehört auch nicht zu diesem erlesenen Kreis. Insgesamt war es aber doch ein solider Auftritt von DISSORTED, die vielleicht aber als Opener noch besser funktioniert hätten.

DISSORTED-Setlist

Eaten Alive
Aggressor/Protector
Persecutor
The Plague
The Temple
Holy Wars/Symphony Of Destruction (MEGADETH Coverversion)
Bloodshed Divine
Picasso Warhead
The Somnabulist

Breaking The Law (JUDAS PRIEST Coverversion)

 

ATTIC

Nachdem sie eine Weile lang – um die Veröffentlichung ihres fabelhaften Debüt „The Invocation“ (2012) herum – auch live recht präsent waren, haben sich Lünens finest ATTIC in letzter Zeit eher ein wenig rar gemacht. Ich hoffe, das hat damit zu tun, dass man eifrig am lange überfälligen Zweitwerk arbeitet. Aber auch in Oldenburg ließen sich die Düstermetaller trotz später (Auftritts-)Stunde ordentlich Zeit. Zum einen um den Sound zu optimieren und zum anderen um die Bühnendeko in Form von Kerzenständern und eines Tischs mit unheiligen Devotionalien auf der eigentlich schon recht kleinen Bühne aufzubauen, aber ohne diverse Schädel, Grablichter und umgedrehte Kreuze wäre wohl nicht die richtige Stimmung für einen ATTIC Gig aufgekommen. Die im MTS fest verankerte Diskokugel war da ziemlich kontraproduktiv.

Im Gegensatz zu den ersten beiden Bands, die sich sehr sympathisch und Fan-nah präsentierten, verströmten ATTIC eine eher distanzierte Haltung und Sänger Meister Cagliostro war auch kein Freund von ausschweifenden Ansagen. Aber dafür wusste die Band musikalisch auf ganzer Linie zu überzeugen. Nach dem Intro und den Tracks „Satan’s Bride“ und „Sinless“ (von der Demo-CD) kam das Publikum mit „The Hound Of Heaven“ in den Genuss des ersten brandneuen Tracks. Mit „Sanctimonious“ (dem Titelsong der kommenden Scheibe) und „Born From Sin“ sollten noch zwei weitere Ausblicke auf kommende Großtaten folgen. Sofern diese Songs repräsentativ für das zweite Album sind, denke ich, dass ATTIC Fans sich durchaus freuen dürfen, obwohl das Ganze musikalisch vielleicht einen Hauch blackmetallischer tönt als bisher. Aber keine Angst, der Meister klingt weiterhin wie der kleine Bruder von King Diamond – und nicht auf einmal wie Dani Filth.

Höhepunkte des Gigs waren für mich „Join The Coven“, „Edlyn“ und natürlich DIE ATTIC Hymne schlechthin: „The Headless Horseman“. Welches auch gleich den offiziellen Abschlusstrack darstellte. Aber auch hier folgte noch eine Zugabe mit dem von ATTIC Konzerten bereits bekannten PENTAGRAM Cover „Dying World“, welches einen sehr gelungenen Abend mit drei guten Bands in super angenehmer Atmosphäre beendete.

 

Glücklicherweise war um kurz nach 1 Uhr der Lambertimarkt auch schon geschlossen, so dass man ohne weiteres Gedränge nach Hause kam. Großes Dankeschön an ATTIC, DISSORTED, SHADOWBANE, MTS und Hellpower für ein wirklich tolles Samstagabend-Konzert!

ATTIC-Setlist:

(Arrival Intro)
Satan’s Bride
Sinless
The Hound Of Heaven
Join The Coven
Sanctimonious
(In The Chapel Intro)
The Invocation
Edlyn
Born From Sin
Evil Inheritance
(The Hidden Grave Intro)
Funeral In The Woods
The Headless Horseman

Dying World (PENTAGRAM Cover)


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