FATES WARNING – Theories Of Flight
~ 2016 (Inside Out Music) – Stil: Progressive Metal ~
Während sich die ‘Awaken The Guardian’-Besetzung von FATES WARNING im vergangenen Jahr auf die zwei 30th-Anniversary-Shows in Originalbesetzung vorbereitete, waren die aktuellen Bandmitglieder mit dem Schreiben eines neuen Albums beschäftigt. Womöglich verursachte diese Situation einen positiven Druck auf beide Formationen, sofern die Mk-II-Besetzung mit Sänger Ray Alder die glorreiche Mk-I-Besetzung mit John Arch, Jim Matheos, Frank Aresti, Joe DiBiase und Steve Zimmerman im Nacken spürte.
Obwohl das zwölfte Album von FATES WARNING ursprünglich´The Ghosts Of Home´ heißen sollte, entschied sich die Band letztlich für ´Theories Of Flight´, da Alder und Matheos in ihren Texten häufig die Entwurzelung zum Thema machen und ´Flight´ die passende Metapher hierfür darstellt. Zumindest flieht die Band mit den neuen Kompositionen aus dem Sound, den sie in diesem Jahrhundert überwiegend gespielt hat. Die elektronischen Elemente wurden zurückgefahren und wohltemperierte akustische Abschnitte hinzugefügt. Eine perfekte Symbiose zwischen ´Perfect Symmetry´ (1989) und ´Parallels´ (1991), denn zum kalten, mechanischen Sound von ´Perfect Symmetry´ wollte die Band nicht zurück. Dennoch begeistert gerade die wiedergewonnene Aggressivität, die auf den vergangen Alben zum Teil doch arg vermisst wurde.
Das eröffnende ´From The Rooftops´ glänzt nach einer längeren Einführung genau mit diesen Stärken – Power und Melodie, gesungen von Meister Alder in Hochform. Selbst wenn der Frontmann zugibt, nicht mehr ganz in die Höhen der frühen Jahre zu kommen, bleibt er doch ein Ausnahmesänger, der auf ‘Theories Of Flight’ endlich wieder über die gesamte Distanz mit Emotionen und Gefühl überzeugen kann. Abwechslungsreichtum und grandiose Soli feuern die Unnachgiebigkeit im Spiel an. Voller Gefühl präsentiert Alder im Anschluss den Heavy-Schmachtfetzen ´Seven Stars’. Ein Song, der förmlich zur Eroberung der Welt schreit und dessen Gesangslinien zum Eintauchen laden. Zwar besteht das aktuelle Line-up weiterhin aus Bassist Joey Vera und Drummer Bobby Jarzombek, doch Frank Aresti war anscheinend nur für einige glanzvolle Soli verfügbar, so dass ihn auch auf der kommenden Tour Mike Abdow vertreten wird.
Die anderen fünfminütigen Songs wie das leicht abfallende ´SOS´, das schwungvoll schöne ´Like Stars Our Eyes Have Seen´ und das hartnäckig rockende ´White Flag´ mit Alders großartig langgezogenen Gesangsparts, ein mit Schärfe und Bestimmtheit auftrumpfender Song, stehen demgegenüber in Nichts nach. Da sich Matheos zudem wieder mehr in seinen Songs auslebt, gereichen folgerichtig die beiden Longtracks ´The Light And Shade Of Things´, der beste FATES WARNING-Song seit ´The Eleventh Hour´, und ´The Ghosts Of Home´, der Ohrwurm mit einer kleinen RUSH-Eingebung, als unübertreffliche Höhepunkte dieses Albums.
´Theories Of Flight´ ist das beste FATES WARNING-Album des letzten Vierteljahrhunderts geworden.
(10 Punkte)