LAZULI – Nos Ames Saoules
~ 2016 (Independent) – Stil: Avantgarde Rock ~
Wer zudem mit solch einem Gitarristen wie Gédéric Byar und dem Meister an seiner Leóde, Claude Leonetti, gesegnet ist, der sollte die Musik vibrieren, hüpfen, springen oder tanzen lassen und sich nicht einfach stur geradeaus wie andere Bands fortbewegen. Was nutzt schon die größte musikalische Brillanz, die unvergleichliche Eigenständigkeit, ohne funkelnde und strahlende Kompositionen?
Allein ‘Le temps est à la rage’ scheint anfangs die Spannung gemächlich steigern zu wollen, wenn Sänger Dominique Leonetti nur mit Klavierbegleitung seinen großartigen Gesang hier leicht chansonesk darbietet. Die Magie ist jedoch sofort spürbar. Und sobald die komplette Band in das Geschehen eingreift und die Leóde jubiliert, stehen die Himmelstore offen. Episch! Das treibend rockige ‘Le lierre’ lässt den Hörer eintreten, Dominique Leonetti singt sich die Seele aus dem Leib, während das Lied selber per Steigerung und Steigerung nach den Sternen greift. Ein Instant-Klassiker! ‘Vita est Circus’ klingt gleichzeitig beschwingt und melancholisch, während ‘Chaussures à nos Pieds’ morbid die Titelmelodie der Serie ‘Six Feet Under’ bearbeitet. Vielleicht klänge so ein Peter Gabriel im Jam-Verbund mit französischen Undergroundlern. Auch ‘Le mar du passé’ wandelt in versteckten Soundgebilden umher, bis das bedrohlich atmosphärische ‘Les sutures’ sowie das geisterhafte ‘Nos ames saoules’ die Duftmarken zum Abschluss setzen.
Vielleicht kann in jeder Dekade immer nur ein Klassiker herausgebracht werden, vielleicht lag erst diesmal wieder echte Magie zum Einatmen in der Luft Frankreichs. So ist jedenfalls die Leóde endlich wieder vollständig erwacht, und jubiliert und jault besser als jede Fender Signature-Gitarre. Mir deucht, LAZULI haben abermals Großes erschaffen.
(9 Punkte)