BED OF A NUN
Interview mit Lem Enzinger und Günter Maier
Die beiden österreichischen Rock-Ikonen Günter Maier (Ex-U8, Ex-STYGMA IV, Ex-CRIMSON CULT) und Lem Enzinger (Ex-U8, Ex-SCHUBERT, Ex-NO BROS, Ex-DOS BASTARDOS) haben mit BED OF A NUN eine neue Band im Singer/Songwriter-Stil am Start. Packendes, intensives Songwriting zeichnet das Album aus und da kamen die beiden gerade zur rechten Zeit, um uns ebenfalls über ihre Vergangenheit zu berichten.
Lem und Günter, Ihr seid zwar nicht im selben Jahrgang geboren, vom Alter her drei Jahre auseinander, aber dennoch seid Ihr in Eurer Jugend mit denselben Einflüssen aufgewachsen. Wann fand denn der Erstkontakt zur Musik statt oder ab welchem Zeitraum war es um Euch geschehen?
Lem: Mein Erstkontakt mit „richtiger“ Musik fand schon sehr früh statt, so mit sechs oder sieben Jahren, als meine etwas älteren Schwestern lautstark ihre Platten von T. Rex, Led Zeppelin, Alice Cooper etc. durch die Wohnung scheppern ließen – ich sage bewusst scheppern, denn den Sound ihres damaligen Plattenspielers kann man nur so bezeichnen …grins… Geprägt war ich also schon bald, um mich geschehen war’s dann spätestens mit 16, als ich zum ersten Mal in einer Band (ON STAGE) sang, schon ziemlich beeinflusst von Judas Priest und Motörhead.
Günter: Ich war von klein auf immer schon musikbegeistert, endgültig weggerafft hat mich der Song ´If Paradise Is Half As Nice´ von AMEN CORNER – das war 1969, ich wusste sofort, das ist mein Ding.
Wann habt Ihr Euch denn das erste Mal persönlich getroffen?
Lem: Das war im Februar 1983, als mich U8 zum Vorsingen nach Salzburg geholt hatten. Günter hat mich anfangs zwar etwas skeptisch beäugt, aber das Eis war dann recht bald gebrochen. …grins…
Günter: Kurz vor den Aufnahmen zum ´Pegasus 1001´-Album.
Also habt Ihr auch erstmals gemeinsam in einer Band bei U8 gespielt, gibt es erwähnenswerte Gruppen davor?
Lem: Gestartet habe ich wie gesagt mit einer Band namens ON STAGE, etwa zwei Jahre später wechselte ich zur SPEEDY WEEKEND BAND, bei der damals auch der spätere NO BROS-Drummer Harry Gschösser spielte. Da ging es gigmäßig schon ziemlich ab, unter anderem tourten wir schon mit Eric Burdon und Roger Chapman. In diese Band bin ich später dann ja noch mal zurückgekehrt.
Günter: U8 haben ja schon seit 1980 existiert, also 2 Jahre bevor Lem dazu stieß, vorher spielte ich in diversen namenlosen Besetzungen.
U8 im Jahre 1985
Was waren denn die schönsten Erlebnisse mit U8?
Lem: Mit Sicherheit schon die erste Woche gemeinsames Proben – wir gingen dafür in eine uralte Hütte irgendwo auf dem Land, umgeben von meterhohem Schnee. Hier entstanden auch schon die ersten Songs für ´Pegasus 1001´, unser erstes Album. Und dann natürlich die gemeinsamen Konzerte, bei denen es wirklich sagenhaft abging.
Günter: Für mich ganz klar die Chartplatzierung mit ´Fantasy For Dreamers´.
Als Ihr mit Eurer ersten Single 1981 herausgekommen seid, konnte man da schon von einer Metal-Szene in Salzburg sprechen?
Günter: So etwas gab es in keinster Art und Weise zu dieser Zeit.
Das Ende von U8 verlief dann nicht so schön …
Günter: Das haben Trennungen meistens so an sich …
Lem: Speziell Günter und ich waren ziemliche Egos, das war schon schwierig manchmal. Ausschlaggebend waren aber einige massive Fehlentscheidungen, hervorgerufen oft auch durch sagenhafte Idioten im Management usw., die der Band dann irgendwann das Genick brachen … Aber jetzt sind wir ja wieder innig vereint! …grins…
Was hast Du eigentlich anschließend bis zur Gründung von BIG HEAT gemacht, Günter?
Günter: Lem und ich haben noch eine Menge Demos aufgenommen, welche nun ja als U8-´Touch Of Fire´-CD von Pure Steel veröffentlicht wurden.
Meiner bescheidenen Meinung nach war Euer melodischer Power Metal ziemlich unvergleichlich. Ihre hattet – ähnlich wie METAL CHURCH, aber natürlich anders – eine Roughness und Härte, die obendrein mit einer unwahrscheinlichen Melodiedichte gesegnet war. Nenn uns doch einfach einmal die Highlights in der Bandgeschichte?
Günter: WACKEN, Main Stage – ganz klar. Und die Tourneen mit STRATOVARIUS durch Italien und Griechenland, die Tour mit ANGRA durch Frankreich waren sehr toll, weil auch super organisiert.
BIG HEAT, STIGMATA, STYGMA IV – die andauernde Namensänderung war ziemlich einzigartig und hat Euch wohl sehr geschadet. Waren das jedoch die Hauptgründe, weshalb Du die Band irgendwann ad acta gelegt hast? Hat Euch keine Plattenfirma verstanden und entsprechend gefördert?
Günter: Den Großteil der CDs brachten wir ja unter STYGMA IV heraus, seltsamerweise hat die Presse, und hier spreche ich von allen, vom kleinsten Online-Mag bis zu den großen Printmedien, dieses Thema immer und immer wieder hochstilisiert, anstatt sich intensiver mit den Songs zu beschäftigen.
Lem, Du warst nach U8 einige Jahre mit SCHUBERT unterwegs. Wie kam es dazu?
Lem: Begonnen hat das mit einem Anruf von Klaus Schubert, der mich als Sänger für ein großes NO BROS-Konzert engagieren wollte – damals hatte er gerade wieder einen Vokalisten verschlissen …grins… Die Sache klappte sehr gut und so kam er auf die Idee, eine neue Band namens SCHUBERT zu gründen, mit der wir dann einige coole Alben herausbrachten und etwa 10 Jahre unterwegs waren.
Aber zeitgleich bist du mit der SPEEDY WEEKEND BAND eher die Glam-Schiene gefahren, wenn ich mir da so die Bilder und Eure Pseudonyme anschaue?
Lem: Die Fotos – man kann sie ja auf meiner Facebook-Seite bewundern – sehen ziemlich nach Glam aus, stimmt, der Sound war aber sehr harter Metal. Wir haben ihn als Space Metal bezeichnet, deshalb auch das Outfit. Später wurde die Band dann in WORD WILDE WEB umbenannt und brachte auch ein sehr gutes Album (´zeropointzero´) raus – donnert heute noch massiv! …grins…
Waren das spaßige Zeiten?
Lem: Die Band war so ziemlich das Verrückteste, was man sich vorstellen kann. Geprobt wurde eigentlich grundsätzlich erst nach Mitternacht in einem uralten Haus am Bahnhof von Kufstein in Tirol, genannt die Donnerkuppel. Und Proben waren grundsätzlich zugleich auch immer exzessive Partys, hier ging es in mehrfacher Hinsicht jedes Mal unfassbar ab.
Wie seht ihr eigentlich beide, im langsamen Zeitraffer, im Rückblick, die letzten über 20 Jahre? Wie haben sich die Musik, die Szene und die Menschen verändert?
Lem: Nun, es hat sich natürlich schon einiges verändert, insbesondere auch durch die Möglichkeit für Musiker/Bands, mittlerweile sehr günstig selbst Alben aufzunehmen und auch selbst Videos zu machen und auf diversen Online-Kanälen zu zeigen. Dadurch können heute viel mehr Leute etwas veröffentlichen, was natürlich auch dazu führt, dass der Markt mit sehr viel Mist überflutet wird. Aber im Großen und Ganzen sehe ich das Ganze dennoch positiv, jede Zeit hat ihre Vor- und Nachteile. Wie sehr sich die Szene verändert hat, kann ich aber nicht beurteilen, da ich mich seit einigen Jahren eigentlich vollkommen daraus zurückgezogen habe.
Günter: Ich finde, die Musik an sich ist nun wesentlich offener geworden mit all ihren Facetten und Stilrichtungen. Das Business hingegen liegt ja völlig am Boden, da können aber die Bands nichts dafür, die Labels haben vor lauter Arroganz über Jahre hinweg einfach geschlafen.
Welche Jahre waren für Euch beide jeweils in musikalischer Hinsicht die schönsten Jahre?
Lem: Jede Zeit, jede Band hatte was. Die musikalisch und vor allem auch textlich intensivsten Sachen, die ich jemals gemacht habe, sind für mich aber ohne Zweifel jene für unsere jetzige Band BED OF A NUN. So tief ging es bei mir zuvor noch nie.
Günter: Da kann ich mich Lem nur voll und ganz anschließen.
Und welche in privater?
Lem: Es gab und gibt immer gute und weniger gute Zeiten. In jungen Jahren ist es oft so, dass man gar nicht merkt, wie gut es einem eigentlich geht. Mittlerweile versuche ich, mir das so gut wie möglich bewusst zu machen – ich genieße gute Phasen und schöne Momente eindeutig mehr.
Günter: Neben der Musik zählen für mich die alljährlichen Urlaube in Griechenland und Irland zu den Highlights.
Günter, wie sieht es eigentlich zurzeit um CRIMSON CULT aus?
Günter: Die Band existiert leider nicht mehr, leider hat vieles nicht so geklappt, wie ich mir das vorgestellt habe.
Ähnlich wie bei BIG HEAT hattet Ihr großartige Alben vorgelegt, aber eine größere Fan-Schar konntet Ihr nicht begeistern. Ich vermutet, es gibt abermals nur echte Die-Hard-Supporter, die Euch innig lieben. Siehst Du es auch so?
Günter: Die Kritiken zum 2. Album ´Tales Of Doom´ hätten besser kaum sein können, was fehlte, war die Livepräsenz, und da hakte es halt gewaltig.
Aber unser eigentliches Thema sind BED OF A NUN!
Erzählt doch mal von den ersten Ideen zu Eurer neuen Band und wie es dazu kam, dass Lem sich einfach die CRIMSON CULT-Besetzung geschnappt hat!!
Lem: Entstanden ist das Ganze aufgrund unserer erneuten Zusammenarbeit im Jahr 2013 für die Re-Releases der alten U8-Alben erstmals auf CD. Günter nahm diesbezüglich Kontakt mit mir auf und fragte mich auch, ob ich nicht mit ihm einen neuen U8-Song dafür aufnehmen wollte. Ich lehnte damals ab, erstens weil ich seit Jahren nicht mehr gesungen hatte und zweitens weil ich mich eigentlich auch vollkommen aus dem Business zurückgezogen hatte. Bei einem Treffen bei ihm in Salzburg ist es ihm zu sehr später Stunde – ich glaube, es war schon halb drei Uhr nachts – und nach ziemlich ein paar Bieren dann aber doch gelungen, mich zu überreden. Ich sagte allerdings schon damals, dass ich nur mehr in einer gemäßigten Tonlage singen könnte und auch wollte, und so haben wir dann die zwei Songs für U8 aufgenommen. Die Sache hat mir dann aber doch ziemlich viel Spaß gemacht, vor allem auch das Texten, deshalb haben wir dann einfach weitergemacht, Songs zu schreiben. Irgendwann war dann klar, dass das Ding zu einem neuen, im Vergleich zu unseren früheren Sachen sehr unterschiedlichen Projekt werden würde. Um das Ganze dann zu einer richtigen Band werden zu lassen, war es naheliegend, dafür jene Leute zu kontaktieren, mit denen wir zuvor schon bestens zusammengearbeitet hatten. Alex und Peter haben ja nicht nur bei CRIMSON CULT, sondern auch in meiner Band DOS BASTARDOS (später BOOMBASTARDS) gespielt.
Günter: Es hat einfach Spaß gemacht, sich wieder gemeinsam mit Lem zu ergänzen. Wir wussten ja aus früheren Jahren, dass wir uns songwriting-technisch extremst gut verstehen. Besonders gut haben mir ja schon immer die Geschichten in Lems Lyrics gefallen, weil diese niemals ins Belanglose abdriften und zum Teil sehr zynisch sind. …grins…
Lem: Sagen wir mal augenzwinkernd …grins… – sogar bei BED OF A NUN ist da zwischendurch immer wieder mal was dabei.
Das Songmaterial ist für Euch beide, denke ich, sehr außergewöhnlich und ungewöhnlich! Kam die Musik aus Euch einfach herausgeflossen?
Lem: Es war schon bei unserem ersten musikalischen Wiedersehen im Zusammenhang mit den neuen U8-Songs gleich wieder so wie in den alten Tagen. Wir brauchen uns eigentlich nur zusammenzusetzen, Günter spielt etwas mit der Gitarre und ich habe sofort irgendeine passende Line dafür. Günter konnte sich auch sehr schnell auf die auch für ihn zum Teil sehr ungewohnte Art von Songs einstellen und hat mir dann eine tolle Grundidee nach der anderen geschickt, die wir dann gemeinsam ausgearbeitet haben. Das lief und läuft – wir schreiben mittlerweile ja auch schon wieder an neuen Songs – hammermäßig!
Günter: Als klar war, dass wir wieder gemeinsam arbeiten, entstanden bei mir die Songs im Tagesrhythmus, wir haben dann sehr sorgfältig die besten Ideen ausgewählt.
Die Texte konnte ich zwar noch nicht lesen, aber sie scheinen mir äußerst intim und direkt aus der Seele zu sprechen. Dies ist wohl etwas ganz Neues für den gewöhnlichen Hard Rocker/Metaller?
Lem: Ich habe zwar auch schon früher immer wieder mal recht persönliche Texte geschrieben, so intim wie diesmal war es aber noch nie. Die Grundlage für die Texte für dieses Album waren ja Gedichte bzw. Gedichtsfragmente, die ich in einer sehr dunklen Zeit meines Lebens verfasst habe. Um ehrlich zu sein, habe ich die Texte auch dafür verwendet, einige Dinge aufzuarbeiten. Und während des Schreibens habe ich das Ganze zum Teil auch als eine Art Vermächtnis gesehen, man kann darin schon so einiges von mir bzw. aus meinem Leben herauslesen. Darüber hinaus ist es mir ja glücklicherweise auch gelungen, einen von mir hochgeschätzten, sehr arrivierten Maler dafür zu gewinnen, uns für das Cover und das Booklet einige seiner Werke zur Verfügung zu stellen, die für mich auch beim Schreiben eine Quelle der Inspiration waren. Für mich die ideale optische Ergänzung.
Wie wollt Ihr diese Band an den Mann / die Frau bringen – zahlreiche Live-Auftritte scheinen dafür wie geschaffen und zudem unumgänglich, am sinnvollsten in den kleinsten Clubs und Bars?
Lem: Wir werden sehen, was passieren wird. Ich bin dazu bereit, auch wieder live aufzutreten, das Ganze ist aber aus verschiedenen Gründen nicht ganz so einfach umzusetzen. Aber wir arbeiten dran. Auch ich kann mir BED OF A NUN sehr gut auf einer Bühne vorstellen, auch auf einer sehr großen. …grins…
Günter: Die Promo läuft ja nun bereits an, ich würde BOAN sehr gerne auf die Bühne bringen.
Konntet Ihr schon ein gewisses Feedback auf die Musik erhalten?
Lem: Die Reaktionen der Leute, die schon etwas gehört haben, waren überaus positiv. Alle waren begeistert und zum Teil auch sehr berührt. Aber das waren bis auf wenige Ausnahmen alles Leute, die mich bzw. uns kennen, deshalb kann ich das noch nicht richtig einschätzen. Mal sehen, was da noch kommt.
Günter: Die Reaktionen von Bekannten interessierten mich nie wirklich richtig, weil diese Personen ja etwas befangen sind. Umso erfreulicher sind aber die Feedbacks von Außenstehenden, welche bereits sehr positiv ausfallen.
Aufgrund seiner Entstehung könnte man denken, BED OF A NUN dürfte ein einmaliges Projekt bleiben, denn weitere Erlebnisse dieser Art dürften sich nicht so schnell wiederholen. Könnt Ihr bereits einen Blick in die Zukunft werfen?
Lem: So wie es derzeit aussieht, dürfte BED OF A NUN doch etwas Dauerhaftes werden. Es ist das Album ´Waiting For A Visit´, das sich mit diesen persönlichen Dingen intensiv beschäftigt, aber für kommende Alben bzw. Songs gibt es genug weitere Themen, über die es sich für mich zu schreiben lohnt. Davon abgesehen ist die Zusammenarbeit innerhalb der Band und speziell mit Günter für mich das Beste, was ich mir vorstellen kann. Noch nie konnte ich meine Ideen bzw. mich selbst so in ein musikalisches Projekt einbringen und es so optimal umsetzen. Nur so ist es für mich überhaupt denkbar, weiter Musik zu machen.
Günter: Wir arbeiten ja bereits an neuen Songs, und die wollen schließlich auch veröffentlicht werden – die Reise geht also weiter.