KADAVAR – Berlin
~ 2015 (Nuclear Blast) – Stil: Vintage-(Hard)rock ~
Das ominöse dritte Album also, make it or break it – und unsere Lieblings-Wahlberliner von KADAVAR überspringen die eherne Businesshürde mit Salto und Doppelschraube während sich sich nebenbei noch lässig die Gesichtshaare richten. Schon die ersten beiden Alben waren ja beileibe keine Kleinkaliber im Arsenal der vorwiegend schwedisch/amerikanischen SABBATH/GRAND FUNK/HAWKWIND-Epigonen. Mit ‘Berlin’, analog aufgenommen in den Tempelhofer „Candy Bomber“-Studios, gelingt KADAVAR nun der Sprung an die internationale Szenespitze.
Sänger/Gitarrist Christoph „Lupus“ Lindemann, Drum-Attraktion Christoph „Tiger“ Bartelt und Neu-Bassist Simon „Dragon“ Bouteloup haben ihre Riffs, ihren Groove, und das Gespür für geschliffene Hooks in fast schon beängstigender Weise gebündelt. Das Resultat sind ein Dutzend Songs – und fast genauso viele Hits. Beim sonnig eröffnenden ‘Lord Of The Sky’ blinzeln John Entwistle und Keith Moon durch die Wolken, ‘Last Living Dinosaur’ ist mit seinen bandscheibengefährdenden Trampolin-Riffs einer der prägnantesten Rocksongs des Jahres. Bei ‘Filthy Illusion’ werden Ü-Vierziger laut ‘Brown Sugar’! schreien, während der Nachwuchs schon auf JET-Brautschau geht, ‘Pale Blue Eyes’ huldigt eingangs HENDRIX’ ‘Gypsy Eyes’ und zieht danach monstermagnetisch in den Bann.
Und es wird einfach nicht schwächer. Bei ‘Stolen Dreams’ herrscht Hüpfalarm, eine Verwandtschaft zu WOLFMOTHERs ‘Joker And The Thief’ lässt nicht leugnen, ‘The Old Man“ wurmt sich mit querflötengleichen Gitarrenlicks tief ins Ohr. ‘See The World With Your Own Eyes’ schließlich wagt im Refrain sogar einen Ausflug gen Stadionrock im Sinne der MANIC STREET PREACHERS – erhebend.
Und erfreulich. Schließlich gelingt KADAVAR stets der Spagat, bei allen historischen Referenzen eine eigene Identität zu bewahren, was nicht zuletzt an den konsequenten (manche werden sagen: monotonen) Snare-Schlägen des Tigers liegt. Als besonderes Schmankerl spendiert uns das Trio zum Abschluss ein wunderbar respektvolles Cover von NICOs ‘Reich der Träume’. Genau dorthin wird uns auch dieses Jahreshighlight und seine überaus geschmackvolle Verpackung noch lange verfolgen.
(9 Punkte)