SKULL FIST, EVIL INVADERS, SKULLWINX
4. Juni 2015, Backstage Club, München
Ein heißer Fronleichnamstag, der eher zum Biergartenbesuch einlädt denn in einen aufgeheizten Club, dazu ein Headliner ohne aktuelles Songmaterial – perfekte Voraussetzungen für einen Konzertflop eigentlich…
Von wegen!
So eine spritzige Metalparty wie an diesem Donnerstagabend hat die kleinste der drei Backstage-Hallen schon lange nicht mehr erlebt. SKULLWINX aus Tegernsee, die den lokalen Opener geben, scheinen ihre gesamte Die-Hard-Supporterschaft mitgebracht zu haben.
Entsprechend gut gefüllt ist der Club bereits zum Auftakt um 20 Uhr.
Das junge Quintett um Sänger Johannes Heller zelebriert seine episch angehauchte Mixtur aus IRON MAIDEN, RUNNING WILD und WARLORD mit Verve und Souveränität, einzig das etwas zu sehr in der Vordergrund gemischte Schlagzeug trübt die Freude am Konzert der Oberlandler ein wenig. Wurschtegal. Von diesen Burschen wird man noch hören!
Trockeneisnebel ohne Unterlass, die Bühne in giftgrünes Licht getaucht, dazu Mikroständer in Kettenoptik – wer die letzten Jahre hinterm Mond (oder Freilassing, kleiner Scherz) verbracht hat, der könnte bei diesem Anblick glatt von einer TYPE O NEGATIVE – Reunion ausgehen. Doch schon beim ersten Powerchord ist Schluss mit den Steele-Parallelen. Die EVIL INVADERS, im schicken Kleinbus unterwegs, öffnen der angeschwitzten Meute die Schweißdrüsen bis zum Anschlag. Thrashiger Speed im Stile der namensgebenden RAZOR und EXCITER, dazu hin und wieder eine doppelläufige MAIDEN-Reminiszenz und der an Don Doty (Ex-DARK ANGEL) erinnernde Schrillgesang – so heizten die Belgier schon beim 2013er-KIT ordentlich ein. Und seitdem haben die Jungs viel Tourerfahrung gesammelt. Tight ohne Ende, professionell die anfänglichen Soundprobleme ignorierend skalpiert sich die Viererbande durch ihren Set und legt mit ‘Fabulous Disaster’ einen selten gecoverten EXODUS-Klassiker aufs Parkett, der den Getränkeumsatz weiter nach oben treibt. Knapp hinter den fabulösen Finnen von RANGER sind EVIL INVADERS wohl das Schärfste, was die (einigermaßen überschaubare) Speed-Nachwuchsszene derzeit zu bieten hat.
Und damit zum Höhepunkt des Abends: Fuckin’ SKULL FIST aus Toronto. „Shred’s Not Dead“ haben die Kanadier diese Europa-Tour betitelt – doch mit seelenlosem Masturbationsgegniedel hat der PRIEST/RIOT/TOKYO BLADE-Sound der vier Showtalente rein gar nichts zu tun.
Sänger und Grimassenkönig Zach Slaughter rückt den Fans in ersten Reihe mit seiner Sechssaitigen so nahe auf den Pelz, dass er dem einen (oder der anderen) während seiner Soli locker noch einen Flitzefinger in die Nase dübeln könnte. Ebenso sein Kollege Johnny „Exciter“ Nesta, der mit seiner Präzision auch gekühlte Sturmgewehre alt aussehen lässt. Bassist Casey Guest gibt posingtechnisch den Steve Harris, steigt dabei statt auf die Monitorbox auch schon mal auf den Ventilator und liefert sich spaßige Hahnenkämpfe mit Mr. Slaughter, während Neu-Drummer JJ Tartaglia voller Wonne die extra-hoch montierten Becken verdrischt.
Und wer sich zu Beginn des Abends noch gefragt hat, warum der Frauenanteil ungewöhnlich hoch für einen Oldschool-Metal-Abend ist, der bekommt bei SKULL FIST die Antwort. Textsicher hängt die Damenriege den Adrenalin-Canucks an den Lippen. Die Erotik der Stromgitarre entfaltet ihre volle Wirkung. Zach genießt’s beim obligatorischen Wellenritt auf den Händen der Fans. Jau, in dieser überragenden Form steht SKULL FIST der Weg zu den großen Bühnen offen. Wenn die Metalwelt in absehbarer Zeit neue Festival-Headliner braucht, sollten die Toronto-Boys zu den aussichtsreichsten Kandidaten gehören. Zurück ins Funkhaus.