Micks Mush-RoomPlattenkritikenPressfrisch

ZAM HELGA – Monster

2015 (Gim Records/Soulfood) – Stil: Singer/Songwriter


Pilz auf Pilz purzelte die Speiseröhre hinunter. Immer mehr Pilze wurden von rauen Mengen an Speichel von der Speiseröhrenmuskulatur weitergeschubst. Wellenförmig wanderten die leckeren Pilze in Richtung Magen. Der Magen war schon vorbereitet und sonderte seinen sauren Saft ab, um mit seinen Verdauungsstoffen alles eintreffende zu zerlegen. Welle um Welle wurden die Pilze auf dem Weg vom Mageneingang zum Magenausgang schön gerührt und vermischt. Sofort warteten der Dünndarm und natürlich die schreiende Leber, die ganz viel Gallenflüssigkeit aus der Gallenblase heraustropfen ließ. Obwohl die Bauchspeicheldrüse bei den paar Pilzen kein Insulin in großen Mengen produzieren musste, erzeugte sie gehörig viel Speichel zur Verdauung. Die allerbesten Nährstoffe dieser edlen Pilze wurden nun vom Körper herausgewrungen, bis dann der fette Dickdarm die schwer verdaulichen Stoffe zersetzte. Doch plötzlich wurden meine Gedanken von den Verdauungsvorgängen durch neue Musik aus dem Player unterbrochen. Irgendwie kam mir die Stimme bekannt vor. Ahh, das ist dieser Zam Helga.

Zam Helga ist ein deutscher Sänger und Musiker aus Stuttgart, der mit den Bands HELGA PICTURES, ZAM HELGA & THE FRIENDS OF ZULU sowie RAUHFASER nicht nur bekannt wurde, sondern sich auch als Kultsänger etablierte. Doch in den letzten Jahren war es äußerst still um ihn geworden, als er sich zurückzog und auch musikalisch nur noch den Akustikperformer gab. Mit `Monster´ präsentiert er nun – nach zehnjähriger Arbeit – sein erstes echtes Solo-Werk – es sollte tatsächlich komplett von ihm komponiert und eingespielt werden. Erst zum Schluss holte er sich einige Musiker zur Unterstützung ins Studio. Da er nicht nur in dieser langen Periode an den Songs feilen konnte, sondern sie auch live hin und wieder präsentiert hat, haben alle Songs die richtige Reife erhalten.

In guter alter Singer-Songwriter Manier kämpft er sich hochemotional durch diese Songs. Prangert nicht nur in ´Die Hand´ und ´Krieg und Frieden´ politische Missstände an, im erstgenannten die Abschottung der Europäischen Union an ihren Außengrenzen, sondern wendet sich auch gegen Intoleranz (`Natalie´) oder die Unterdrückung in der Welt (´Stumme Kreatur´). Dabei steht Zam Helga in seiner melancholischen Art in deutschen Landen ziemlich allein auf weiter Flur. Selbst der frühe PHILIPP POISEL hatte nicht diese Dunkelheit und Aggressivität innerhalb seiner Songs zu bieten. Wobei der Gesang teilweise diese gewisse mittelalterliche Mentalität vorweisen kann, ohne in diese musikalischen Gefilde abzutauchen. Erstaunlicherweise erinnert die halbe Melodielinie im Opener `Krieg und Frieden´ an eben solche Lieder, die Hartmut Engler in den letzten Jahrzehnten eingesungen hat. Aber allein der Einsatz von Celli, Violinen, Banjo, Tamburine sowie anderem, fremdartigem Instrumentenwerk tragen mächtig zur unheimlich starken Atmosphäre des Albums bei.

Das Album erscheint sogar in einem Pappschuber, in dem die CD in einer Kartonstecktasche mit einem mega-fetten Booklet, inklusive Songtexten, Fotos von den Aufnahmesessions, Gitarren-Tabulaturen und vielem mehr, steckt.

Mittlerweile war von den Pilzen nicht mehr viel übrig. Im Dickdarm wurde dem fiesen Gemisch das letzte bisschen an Wasser entzogen, so dass sich die restlichen Stoffe hier wunderbar neben den vorhandenen Bakterien gemütlich machen konnten. Falls mein Nachbar noch ein paar Schadstoffe zu diesen eingelegten Pilzen hinzugefügt haben sollte, verhinderte nun das Verdauungssystem, dass diese Bösen in meinen Körper gelangen. Daher durfte nun bald der Mastdarm der Rest aus dem Körper …

(8 Punkte)

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"