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SEDITION – Fuck The Authorities

2015 (Vinyl Got Soul Records) – Stil: Thrash-Metal


Aus der Asche der recht kurzlebigen Formation TALON gingen die Texas Thrasher SEDITION hervor. Nachdem TALON nur ein Demo (´Talon´, 1987) herausgebracht hatten, änderten sie den Bandnamen in SEDITION ab. Doch die Umbenennung geschah letztlich nur aufgrund von jüngeren Namensrechten einer anderen Band. Dabei war TALON bereits ein neuer Name, da sie zuvor unter dem Namen HARD ROCK ROAD bislang Fremdkompositionen vorgetragen hatten. Unter dem Namen SEDITION konnten es die vier Jungs aus Irving immerhin zu zwei Demos (´Sedition´ oder auch ´Sedition White´ genannt, 1989) und (`Demo 1990´, 1990) bringen. Diese beiden Demos wurden nun von ´Vinyl Got Soul Records´ in einer auf 300 Stück limitierten Vinyl-Version veröffentlicht.

Schon TALON bestanden aus den beiden umtriebigen Musikern und Brüdern Pete Lee (Gitarre) und Phil Lee (Drums), der später in SEDITION durch Mike Dunn ersetzt wurde. Pete und Mike spielten auch zeitweise bei RIGOR MORTIS, Pete sogar später bei GWAR. Hinzu kamen Bassist Eddy Carter sowie Sänger Turner Scott Van Blarcum. Phil Lee und Van Blarcum waren Jahre danach in einer Punk Band namens ETHYL MERMAN (später PUMP´N ETHYL).

Aufgrund eines ins Internet gestellten Videos – von einem Vorfall auf einem Konzert im ´Trees´, in der St. Elm Street in Dallas am 19. Oktober 1991 – erlangte Turner Scott Van Blarcum nicht nur lokale Berühmtheit. An diesem Abend gaben nämlich die gerade durchstartenden NIRVANA ein Konzert im ´Trees´. Nachdem der zugedröhnte Kurt Cobain während der Show mit seiner Gitarre ein neues Monitor-Board zertrümmert hatte, stürzte er sich in die Menge. Weil Turner Scott jedoch nicht nur für den Sound zuständig war, sondern auch als Security-Mann in der Menge stand, half er Cobain etwas grob auf die Bühne zurück, wohl immer mit dem Gedanken im Kopf, dass Cobain für das neue Monitor-Board noch bezahlen würde. Die Situation eskalierte, Cobain rammte Turner seine Gitarre so ins Gesicht, das ein Mann von anderer Statur womöglich tot umgefallen wäre. Danach war Turner, blutüberströmt, nicht mehr zu halten und wollte es Cobain heimzahlen. Dieser floh, Turner wurde von der Polizei aus dem Club geschafft. Irgendwie kam die Band erneut auf der Bühne zusammen und spielte den Gig zu Ende. Der Club-Besitzer wollte die Band danach eiligst mit einem Taxi aus der Gegend bringen, doch Turner wartete längst vor dem Club. Mit bloßer Faust schlug Turner die Scheibe des Taxis ein und konnte letztlich wohl nur von der Polizei und der Menge abgehalten werden, Cobain texanische Manieren beizubringen.

Rebellious youth follow me
We’ll put an end to their society
Burn every book to be read
No more jealous politicians
Hell they’re all dead

Mit genau dieser kraftstrotzenden Art kreierten SEDITION ihre Musik und Turner Scott seine Lyrics. Hatte er bereits bei TALON über Charles Manson geschrieben, wurden die Texte nunmehr weit realitätsnaher, zumindest aus Sicht seiner eignen Realität. Dabei war beispielweise das Sammeln von Knochen, wie im Lied ´Roadkill´ beschrieben, keineswegs erfunden. Denn seine Leidenschaft bezüglich Knochen war so groß, dass er nicht nur für Videos und Bühnenaufbauten von Bands wie MINISTRY, CYPRESS HILL oder auch Kirk Hammett seine Ideen in wahre Kunstwerke umsetzte (“No one seems to understand, the skulls and bones to me are simply grand, I’ll collect them every day”). Musikalisch waren von Anfang an SLAYER, MOTÖRHEAD, DESTRUCTION und vor allem RIGOR MORTIS ein großer Einfluss auf die Band. Mit einer schier unglaublichen Energie, wie sie nur in den 80er Jahren glaubhaft in die Songs übertragen werden konnte, spielten SEDITION ihren Metal, den andere Menschen als Thrash definierten. Die Lieder sind jeweils ein einziger Orkan, der unerschrocken losbricht. Kurze Breaks, kurzes Luftholen – dies ist tatsächlich des Öfteren möglich, doch dann geht es irrwitziger, wahnsinniger oder vollkommen anders weiter. Die Drums tänzeln oder prügeln mit voller Schlagseite kraftwuchernd um sich. Die Gitarren singen hochjauchzend oder schreiten bedrohlich voran – und immer wieder, immer öfter geben sie urplötzlich wundervolle Melodien von sich. Turner Scott singt, schreit oder benutzt sogar Sprechgesang, um seinen Lyrics vollen Ausdruck zu verschaffen, da diese aufgrund ihrer Andersartigkeit als richtige Geschichten, die sie tatsächlich sind, aufgefasst werden müssen. Turner Scott Van Blarcum – ein Wahnsinnkerl, im wahrsten Sinne des Wortes, der puren Hass versprühen konnte.

I don’t know why, I really hate you
I just can’t stand you they say I’m not right
But I know I’m going to kill you tonight

Das erste Demo ist ein vollkommen überragender Klassiker, das zweite Demo steht diesem etwas nach. Den letzte Gig spielten SEDITION passenderweise – mit AGONY COLUMN und DEAD HORSE – im ´Trees´. Das letzte Denkmal wurde ihnen jetzt mit diesem schwarzen Vinyl – handnummeriert mit zwei Einlegern inklusive einem von Bruce Corbitt (RIGOR MORTIS, WARBEAST) geführten Interview mit Sänger Turner Scott Van Blarcum – gesetzt.

[Klassiker]

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