BENT KNEE – Shiny Eyed Babies
~ 2014 (Eigenproduktion) – Stil: Avantgarde Art-Rock ~
BENT KNEE sind eine Gruppe aus Boston, die drei Jahre nach ihrem Debüt ein sensationelles Zweitwerk veröffentlicht hat, das wahrhaft überbordende Gefühle und Emotionen offenbart. Ein wahres Feuerwerk an einzigartigen sowie äußerst kreativen Liedern. Unter Verquickung von Heavy-Psych, Baroque-Pop, Avantgarde-Jazz, Alternative- und Post-Rock – in Verbindung mit einer unglaublichen Sängerin – entsteht ein einzigartiger Soundkosmos, der bereits in diesem Stadium perfekt zu sein scheint.
Mit der kleinen Piano-Ballade ´Shiny Eyed Babies´ beginnt das Werk in bester RANDY NEWMAN-Manier, indessen die trügerische Nähe hinsichtlich des Gesangs zu TORI AMOS oder KATE BUSH den Hörer einer gänzlich falschen musikalische Fährte folgen lässt. Doch ´Way Too Long´ lässt diese Gedankengänge recht rasch platzen – der Rhythmus vibriert und Courtney Swain, die nicht nur am Gesang brilliert, sondern auch an den Keyboards tätig ist, nimmt den Hörer mit in einen Tornado der Gefühle. Eine kurze Andacht, kurzweilige Stille, spiegelt dagegen in jedem Song nur eine trügerische Ruhe vor, bis ein Orkan über den Hörer heraufbricht und Courtney wie eine Sirene bis zum Schluss darüber hinwegfegt. Ein pures Inferno, unterlegt mit heftig metallenen Riffs, die fast der Transfusion von LIS ER STILLE in eine Hyperventilierende Combo gleicht. Für die manisch wilde Töne von SLEEPYTIME GORILLA MUSEUM ist der Sound von BENT KNEE allein viel zu offen, viel zu klar und weitere Vergleiche aus dem Progressiven Lager – mit DISTRICT 97 sowie MOETAR – sind völlig fehl am Platze. Das grandiose `Dry´ spielt zu Beginn kurz mit orientalischen Tönen, um hernach in einer gefühlt blauen Stunde, die sensible Courtney zu präsentieren. Der Song schiebt sich anschließend immer weiter in den direkten Fokus des Aufmerksamkeitshorizonts – bis zum schieren Bersten (“I’m dry like a candlewick, and you suck hot wax leaving, trails in your throat, find some matches, and might me up, I’m still dry”).
Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass neben Ben Levin (Gitarre), Jessica Kion (Bass), Gavin Wallace-Ailsworth (Drums), Chris Baum (Violine) und dem Soundästhet Vince Welch noch einige Gastmusiker mit Cello, Geige, Trompete, Flöte und noch weitere mehr im Einsatz waren. Dieser weiträumige Sound flirrt innerhalb von ´In God We Trust´ fast zum Sternenhimmel, bevor eine abrupte Ruhe den Sound in eine gänzlich andere Richtung erneut anschwellen lässt. Aus einer engelsgleichen Atmosphäre verfängt sich ´I’m Still Here´ fast im Kammer-Rock – die immerwährende Wucht der Trommeln und Courtneys Gesang, spielerisch leichtfüßig fast wie ANTONY HEGARTY, holen ihn aber jederzeit wieder empor. Selbst aus der elektronisch untermalten Indie-Stimmung in `Dead Horse´ scheint das Entrinnen nicht mehr fern.
Während ´Battle Creek´ mit einer PINK FLOYD-Gitarre beginnt, sich sogleich leichtfüßig in einen frühen MUSE-artigen Bombast steigert, ebnet ein unbetiteltes Klavierstück den Weg für das letzte Drittel des Albums. ´Sunshine´ ist die BENT KNEE-Version eines Standard-Old-Time-Music Songs, Country-Musik aus dem Jahre 1939, die bis auf die Knochen seziert wurde und hauptsächlich mit Violinen, einer vibrierenden Gitarre und Courtneys Stimme in die pure Ekstase getrieben wird – bis zur eintretenden Atemnot (“You are my sunshine, my only sunshine, you make me happy when skies are grey, you’ll never know dear, how much I love you, please don’t take my sunshine away”). Magie wie es zuweilen die DAVE MATTHEWS BAND schafft, unvergleichlich hervorzuzaubern. Ein klitzekleines Stück am Piano lässt den Hören verschnaufen, um mit ´Skin´ zuerst erfrischend luftig-poppige Töne zu zaubern, die dann allerdings garstig abgleiten und in ´Being Human´ direkt an frühe ECHOLYN erinnern. ´Toothsmile´ lässt das Album zwar etwas gemächlicher ausklingen, gleichwohl mit demselben Nachdruck und derselben zuvor gehörten Intensität.
´Shiny Eyed Babies´, das erst spät im abgelaufenen Jahr 2014 erschienen ist, darf zu den grandiosesten Alben – nicht nur aus seinem Erscheinungsjahr – gezählt werden. Eine Wundertüte voller berstender Töne.
[Klassiker]