BLIND GUARDIAN – Beyond The Red Mirror
~ 2015 (Nuclear Blast) – Stil: Symphonic-Metal ~
BLIND GUARDIAN bringen nach der längsten Pause zwischen zwei Werken ein Konzeptalbum namens ´Beyond The Red Mirror´ auf den Markt. Thematisch soll es sich um die Fortsetzung von ´Imaginations From The Other Side´, ihrem letzten richtig schmackhaften Album, handeln. Dabei schwankt die Geschichte erwartungsgemäß zwischen Science Fiction und Fantasy hin und her. Die von ´Imaginations From The Other Side´ bekannten zwei Welten sind in der Story nur noch auf einem Weg miteinander verbunden, ansonsten hat sich die Lage auf beiden Welten ebenfalls sehr verschlechtert …
Erneut wurde das Album mit Produzent Charlie Bauerfeind aufgenommen. Zudem haben nicht nur drei klassische Chöre aus Prag, Budapest und Boston ihren Einsatz, sondern zwei je 90 Mann starke Orchester. Und so hat das Album seinen so umfassend orchestralen Einstieg, dass der langjährige Supporter vermutet, dass es sich wirklich um das seit Jahren angekündigte Orchester-Werk der Band handeln würde. Wie dieses Material erst aussehen soll, wenn heutzutage schon jede kleinste Aufnahmespur mit Orchester und großen Chören belegt wird, lässt sich bei Beibehaltung der Bandmerkmale nur schwer vorstellen. Da Hansi Kürsch obendrein längst keinen Bass mehr spielt und auch die vielen Chöre den Gesang teilweise überlagern oder gar ersetzen, scheint es nur eine Frage der Zeit, bis er gar nicht mehr in der aktiven Musikerbesetzung auftaucht …
Doch kräftige Gitarren und bollernde Drums, die natürlich etwas elektronische Unterstützung erfahren, gesellen sich im glänzenden Eröffnungssong ´The Ninth Wave´ recht schnell zum Orchester hinzu. `Twilight Of The Gods´ findet als einer der wenigen Songs einen schnellen, fast zum Kopf schütteln geeigneten Einstieg sowie ebenso unwahrscheinlich schnell zum schönen Höhepunkt inklusive eines bombastischen Chores, während der gleichfalls recht kurze Song ´Prophecies´ von fast geerdeter Natur ist und wie beim superben `The Holy Grail´, bei dem die Chöre wohldosiert eingesetzt sind und sogar Warrior-Feeling verbreiten, mit klassischem Blinden Wächter-Stoff aufwarten kann.
Das gesamte Material ist natürlich schon lange kein Speed Metal mehr, die gesamte Musik daher eher von getragener Natur. Da ´At The Edge Of Time´ nicht nur mit Streichern und Orchester beginnt, klingt der Song trotz klassischer GUARDIAN-Songmelodie vollkommen nach BLIND GUARDIAN meets Klassik. Aber `Miracle Machine´ beweist nur mit Gesang und Klavier, dass manchmal weniger tatsächlich mehr ist und ´The Throne´ entwickelt sich nochmal als überraschend guter Song, der beim Hörer etwas Zeit zum Reifen benötigt. Der große, bombastische Abschlusssong ´Grand Parade´ offenbart schließlich nicht nur die kompositorischen Stärken der Band, denn hier funktioniert das Zusammenspiel zwischen Band und Orchester blendend, sondern entwickelt sich mit seiner prachtvollen Melodie zum späten, aber eindeutigen Höhepunkt des Werkes. Somit kann BLIND GUARDIAN, allein von den Liedern her, ein überraschend starkes zehntes Album bescheinigt werden.
(7,5 Punkte)