PlattenkritikenPressfrisch

KXM – KXM

~ 2014 (Rat Pak) – Stil: Heavyrock ~


Supergroup? Superalbum! KXM machen auf ihrem Erstling extrem viel richtig. Ein Dutzend musikalischer Kostbarkeiten für Hüfte und Hirn, komponiert und eingezimmert von drei Großmeistern ihres Fachs. So schmeckt der Sommer! Und der Herbst. Vom Winter und Frühling ganz zu schweigen. Denn der 49er Dodge vom Cover-Artwork, auf dessen Kühlergrill KXM prangt, kann zu jeder Jahreszeit, wie erst auf der Rückseite zu erkennen ist, gegen einen Baum gefahren worden sein. Die Musiker jedenfalls, fahren das Album nicht gegen einen Baum, sondern lassen viel mehr den Hörer wie nach einem Aufprall verwirrt und doch betört zurück.

KXM, das sind Schlagzeuger Ray Luzier (44, KORN), Sänger/Bassist Doug Pinnick (62, u.a. KING’S X) und Gitarrist George Lynch (59, LYNCH MOB, ex-DOKKEN). Zusammengefunden hat sich das US-Powertrio auf einer Geburtstagsparty von Luziers Sohn. Nach einer Führung durch das Heimstudio des Drummers, entstand schnell der Plan, ein gemeinsames Album aufzunehmen.

Und was ist das für ein Gerät geworden! Vor allem KING’S X-Fans, die seit sechs Jahren nach einem neuen Album ihrer Heiligen Drei Könige dürsten, sollten sich die Scheibe umgehend zulegen. Meister Pinnick schreit, singt und zupft sich die Seele aus dem (nach einer komplizierten Leisten-OP wieder genesenen) Leib, Luziers Drumming lässt Tote auferstehen und Akrobat Lynch bleibt bei aller Songdichte genügend Raum, neben seinen grungig/bissigen Riffs auch ein paar Zauberlicks unterzubringen. Letztlich ist natürlich der überirdische Gesang von Meister Pinnick entscheidend, da dieser seine Stimme auch über das brummende Motorengeräusch eben jenes Dodge legen könnte und es würde etwas Brillantes entstehen. Und der KING´S X Liebhaber wird selbstredend vor Begeisterung außer Fassung sein, weil Pinnick innerhalb seiner neuen Mitstreiter regelrecht aufblüht.

‘Stars’ eröffnet den Reigen mit fiebrigen Tribal-Drums sowie einem schlängelnd-beutesuchenden Riff. Lynch spielt anfangs auf, als würden die Vögel zwitschern, doch Luzier haut so fett auf seine Drums, dass man Angst um diese haben muss. Pinnicks Stimme erklingt zudem zunächst leicht verzerrt über den Rhythmen, zwischen die Lynch seine Riffs hämmert. Der soulige Refrain von Pinnick kontert diese jedoch geschickt und lässt ihn entsprechend des Titels den Sternen nahe kommen. ‘Rescue Me’ setzt hittechnisch anschließend noch einen drauf. Zentnerschwerer Groove, fett und doch so voller Leichtigkeit, spacig-flirrende Strophengitarre, so flirrend wie im Transporter für Teleportation – und dann ein Refrain, der in allerbester KING’S X-Tradition den Himmel aufreißt („Let me out, rescue me, let me out, let it be, rescue me“). So simpel aufs erste Hören, und doch so raffiniert beim tieferen Einstieg – Weltklasse.

Hektisches Drumming dominiert anschließend `Gunfight`. Unwissend, ob ein Zusammenhang zum Western mit Kirk Douglas und Johnny Cash besteht, schraubt sich der Song gefährlich wie ein Tornado in die Höhe. Gewinner des Fights ist Luzier, doch Pinnick hat – wie schon früher gerne – nur ein lässiges „Yeah, yeah“ dafür übrig. Die southernrockige Ballade ‘Never Stop’ mit herrlich leichtem Klaviergeklimper verschafft etwas Luft. Doch das heftige, in stampfender KING`S X-Manier daherkommende `Faith Is A Room` lässt nicht locker und kann mit behaglichem Chorgesang aufwarten („I heard it said before, faith is a room“), bevor Pinnick seine Lungen aufs Extremste strapaziert. Gesundheitsgefahr? Keine Angst. Der gehauchte Gesang von `I´ll Be Ok“ gibt Entwarnung. Eine heftige Jam-Session lässt den Song experimentell ausklingen. Weitere Highlights: das melancholische ‘Sleep’ (Thema: häusliche Gewalt), das auch auf einem Klassiker wie ‘Dogman’ (be)stehen könnte. Nach ‘Love’ mit seinem scheinbar dissonanten Refrain, hauen KXM mit ‘Burn’, einen intensiven Soul-Groover, raus, bei dem man Jimi Hendrix lächelnd von seiner Wolke winken sieht.

Wie sagte Lynch in einem Interview so schön: „I hope my son’s grandkids listen to this record many decades from now and say, ‚Damn, this is some soulful, groovy badass music‘ !” Und der Wunsch dürfte sich erfüllen, denn Pinnick, Lynch und Luzier haben sich als KXM gedacht – `Do It Now` – Taten statt vieler Worte!

(9 Punkte)

Ludwig Krammer / Michael Haifl

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"