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SCALD – Will Of The Gods Is Great Power

~ 1996 (Metal Agen) – Stil: Epic Metal ~


Im mittelalterlichen Skandinavien waren Skalden (Skáld oder Skæld) Dichter am Hofe des Königs und schufen Skaldendichtungen, die als wichtigste Quelle mittelalterlicher Geschichte Skandinaviens noch vor den Sagas rangieren.

SCALD waren eine Metal-Band aus Yaroslavl in Russland, die eine kurze, aber imposante Bandhistorie vorzuweisen hatte. Alles begann im Jahre 1993, als Sänger Maxim ´Agyl´ Andrianov bei seiner Band ROSS auf Unverständnis hinsichtlich seiner musikalischen Visionen stieß. Doch der Gedanken an solch große Musik, die sie “Pagan-Musik” nannten, blieb bestehen. Letztlich fand er im Bassisten Velingor sowie dem Gitarristen Ivan “Harald” Sergeev von der Doom-Band ANAMNESIS VITAE und seinem alten Bandkollegen Ottar (am Schlagzeug) die geeigneten Mitstreiter.

Anfang 1994 stieß noch der zweite Gitarrist Karry zur jungen Band SCALD hinzu. Die Namen der Bandmitglieder waren natürlich Pseudonyme und stammten nach Meinung der Gruppe aus der skandinavischen Mythologie, ebenso wie die lyrische Seite der Songs. Zugleich gaben sie unumwunden zu, große Fans von BATHORY zu deren Viking-Metal-Periode gewesen zu sein, doch ihren eigenen Stil, der noch viel weiter gehen sollte, bezeichneten sie als “Ancient-Doom-Metal”.

Die Musik von SCALD schrieben Agyl und Harald, während Agyl bei den Texten von Velingor Unterstützung bekam. 1995 nahmen sie ein erstes Rehearsal-Demo auf (`North Winds`), das sie nicht nur in ihrer Heimatstadt berühmt machte, sondern ihren Namen landesweit bis in die Hauptstadt trug. Weder der Stil noch solch außergewöhnlicher Gesang waren in Russland damals allzu verbreitet.

Nachdem sie sogar in Moskau ein gefeiertes Konzert gegeben hatten, reifte der Entschluss, ein Album aufzunehmen. Dieses konnte schließlich 1996 über “Metal Agen Records” als – damals in Russland übliche – Kassette veröffentlicht werden. Erst im Jahre 2003 brachte ein Bekannter und alter Freund von Agyl das Album als CD auf “Wroth Ermitter Records” heraus. Weitere Auflagen sind aus 2005, 2008 und eine hochwertige Doppel-CD-Auflage im Digipack (incl. Demos und Rehearsals von ROSS und SCALD) aus 2013. Von “Kyrck Productions” gab es aus dem Jahr 2005 ebenfalls eine kleine Produktion auf CD (77 St.) und LP (600 St., 140 gr., incl. Hochglanzdruck des Covers in DIN A3, Textblatt in Mini-Bibel-Format).

 

 

Doch die Freude über das erste gemeinsame Album als SCALD währte nicht lange. Schon sehr bald ergab sich das tragische Ende der Gruppe. Sänger Agyl kam in einer Nacht, nach üblichen Rehearsals mit der Band, auf den Bahngleisen ums Leben. Es war der 6. September 1997. Und da SCALD Agyl und Agyl SCALD waren, gab es für die restlichen Bandmitglieder keinerlei Diskussionen. Die Band wurde aufgelöst, da eine Fortführung allein ohne Agyls Gesang richtigerweise undenkbar erschien. Die musikalischen Ideen setzten sie fortan in der Folk-Metal Band TUMULUS um. Doch bis heute lebt die Legende weiter und es scheint nur zwei Arten von Hörern in Bezug auf SCALD zu geben: Leute, die die Band kennen und lieben sowie solche, die die Band nicht kennen.

Die Musik auf `Will Of The Gods Is Great Power` führt den Hörer in eine andere, eine fast magische Welt. Ein ausnahmslos als majestätisch zu bezeichnender Doom alter Schule trifft auf einen Sangesgott, der seinesgleichen sucht. Das gesamte Album durchströmt eine einzigartige Atmosphäre, die weder zuvor noch hernach erreicht wurde. BATHORY drangen selber nie in solche Sphären vor, konnten zudem auch nicht solch einen Sänger vorweisen, der nicht nur regenbogenartig seine Melodien am Horizont entlang kreuzen ließ, sondern mit solch einer Leidenschaft noch immer unübertreffbar ist. CANDLEMASS hingegen hätten in tiefen finsteren Höhlen ihre Zelte aufschlagen müssen, um so wie SCALD zu klingen. VENI DOMINE hatten zwar ebenso einen großen Sänger, aber eher einen echten Sangesbarden anderer Art und waren letztendlich weit verspielter. Diese Finsternis und Düsternis, mit vereinzelt fast Soundtrack-mäßiger Eigenart, fand sich in diesen Zeiten in einer etwas progressiveren Dichtung auch bei den frühen Jahren von TIME MACHINE wieder. Und wenn Agyl hier als Sangesgott des Epic-Doom ausgerufen wird, dann findet sich sein Gegenpart im Power-Metal auf der anderen Seite der Erdkugel in Shawn Ames von LORD BANE wieder.

Exemplarisch das göttliche `In The Open Sea` zum Mitsingen:

In the open sea,
In ride try for death
In the open sea try yourself
On this true drakkar on final sail to fate
Go through death to Valhalla
Dark sky … Dark sky
Heaven, Heaven …
The sky … I go!

Auch noch heute weht der Einfluss von SCALD durch die Tonleitern der musikalischen Nachfahren. Die Grundpfeiler, auf denen beispielsweise das Haus ATLANTEAN KODEX gebaut wurde, sollten einen Grundpfeiler namens SCALD tragen. Aber einen Sänger wie Agyl findet man in äußerst wenigen Bandgeschichten des Heavy Metal wieder. Zwar wird die Aufnahmequalität von `Will Of The Gods Is Great Power` keinen hohen Maßstäben gerecht, besonders wenn Agyls Erzählungen manchmal nicht klar verständlich sind, doch mindert dies nicht unbedingt die Qualität der Lieder.

Ein Klassiker der russischen, der europäischen und der gesamten Metal-Historie.

 

 

Tracklist:

Night Sky – 8:49
Eternal Stone – 6:53
Ragnaradi Eve – 10:54
Sepulchral Bonfire – 11:40
A Tumulus – 6:18
In the Open Sea – 9:00

Tracklist (2003, CD Re-Release, Wroth Emitter)

Night Sky – 8:49
Sepulchral Bonfire – 11:40
A Tumulus – 6:18
In the Open Sea – 9:00
Eternal Stone – 6:53
Ragnaradi Eve – 10:54
Bilrost – 00:49
Sepulchral Bonfire (Version ’95) (bonus track) – 10:06

 

 

Tracklist `Agyl’s Saga` (2013 2CD Re-Release, Wroth Emitter)

CD 1 SCALD “Will of the Gods is Great Power” (Album remastered)

Night Sky
Eternal Stone
Ragnaradi Eve
Sepulchral Bonfire
A Tumulus
In The Open Sea

 

 

 

CD 2 ROSS (Demos 1990, SCALD 1993)

Konvoir [Prison Guard] (demo ’91)
KKK (demo ’91)
Russkiy voin [Russian Warrior] (demo ’91)
Poi, guslyar! [Sing, Guslyar!] (demo ’91)
Kudesnik [Wizard] (live ’91)
Sokol [Falcon] (live ’91)
Rossia [Russia] (live ’91)
Chyorny zamok [Black Castle] (live ’91)
O pohodah vikingov [Of Vikings’ Trips] (live ’91)
Kuznec voiny [Blacksmith Of War] (live ’93)
SCALD (demo & rehearsal recordings)
Plamya Valgallly [Valhalla’s Flame] (rehearsal ’93)
Pogrebal’ny koster [Sepulchral Bonfire] (rehearsal ’93)
Sepulchral Bonfire (demo ’95)

 


 

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