FREQUENCY DRIFT – Over
~ 2014 (Gentle Art Of Music) – Stil: Cinematic Progressive Rock ~
FREQUENCY DRIFT legen mit `Over` ihr mittlerweile fünftes Werk vor, das nach eigener Aussage ihr kompliziertestes und aufwändigstes musikalisches Unterfangen in der Geschichte des Ensembles war. Dauernde Besetzungswechsel ließen FREQUENCY DRIFT darüber hinaus selten zu Ruhe kommen und trotz fehlender Kontinuität der Band-Mitgliedschaft schaffen sie es immer wieder den Hörer zu überraschen. Und mit `Over´ ist ihnen erneut eine Steigerung zu den beileibe nicht schlechten Vorgängern gelungen.
Im trüben Morgengrauen, wenn der Tau das nasse Gras überall im Tal benetzt hat, liegt sie danieder und versucht durch den Nebelschleier die aufgehende Sonne zu erspähen. Liebliche Klänge erreichen das aufmerksame Ohr. Eine Violine und ein Cello gesellen sich aus weiter Ferne hinzu. Eine engelsgleiche Stimme lässt dabei liebliche Wörter durch Raum und Zeit schweben. Plötzlich nähern sich schwere Hufe und im Kopf erscheinen Bilder von schnaufenden Nüstern.
Als „Cinematic Progressive Rock“ bezeichnen FREQUENCY DRIFT ihren Stil und liegen damit vollkommen richtig. Gleich im Eröffnungslied `Run` präsentieren FREQUENCY DRIFT, nach einem ruhigen Beginn, mit Gitarren und leise wabernden Keyboard-Flächen ihre neu gefundene Härte und lassen beim ersten Höreindruck Erinnerungen an glorreiche `Mandylion`-Zeiten aufkommen. Mit der neuen Engelsstimme am Mikrofon – Isa Fallenbacher – haben FREQUENCY DRIFT einen Glückstreffen gelandet. Und die Instrumentierung lässt diese Stimme auch allzeit nie in kitschige Bereiche abdriften. Eine elektronische Harfe verfeinert gar in beiden folgenden Liedern die fast kammermusik-artige Stimmung. Doch trotz Flöten und Pfeifen, fügen sich elektronische Hintergrundverfeinerungen, Soundscapes wunderbar zusammen. Weder so poppig wie BREATHING SPACE, noch so folkig wie MOSTLY AUTUMN und auch nicht so neo-proggy wie MAGENTA, spielen FREQUENCY DRIFT aus Oberfranken auf. Kammer-Art-Pop statt Neo-Prog. Neo-Prog-Anklänge finden sich daher nur äußerst selten. Wenn sie dann mal in der Keyboard-Arbeit, wie im überragenden Longtrack `Memory´ zu hören sind, dann zudem noch in außergewöhnlich guter Qualität. Obwohl es bewundernswert ist, dass die Band auch in punkto Songgestaltung etwas neues gewagt und diesmal einige kürzere Songs komponiert hat, sind es bis auf den eingängigen Hit `Sagittarius A` vielmehr wieder die längeren Lieder wie `Them` (“When night comes … ” und der Himmel sich von der untergehenden Sonne allmählich trübt und die Wolken sich rasch mit dem Wind durch die Lüfte bewegen … doch was sind das für Geräusche am Ende, die von der Stadt herüber dringen … ), `Suspended` (“When the star return … ” ist die Nacht da, ein strahlender Himmel … strahlender als die Sonne … plötzlich steht jemand einbeinig nebenan und flötet in die Nacht … ) und `Once` die zu größerer Erregung führen. Obschon ein kürzeres Lied wie `Driven´, mit seiner geradezu hypnotisierenden Melodieführung, umgehend das Gegenteil beweisen will. Letztlich hat sich die aus Bayreuth agierende Band um Keyboarder und Mastermind Andreas Hack und seinem Bruder Christian Hack (Gitarre, Flöte und noch einiges mehr) selbst übertroffen. Gastbeiträge von Martin Schnella (FLAMING ROW) und Kalle Wallner (RPWL) gehen bei dieser kompletten Unterordnung im Widescreen-Cinema-Sound fast unter.
Langsam öffnet sich der graue Schleier unter dem Himmelszelt, doch die schönen Klänge sind noch längst nicht verstummt. Und manchmal eilt auch eine Harfe oder gar eine Marimba, wenn auch nur kurz, der Gitarre – zur Freude aller Zuhörer – zu Hilfe.
(8 Punkte)