AGONY COLUMN – God, Guns & Guts
~ (Big Chief Records 1989, No Bull Records/Koch 1995) ~
Dass Texas´ Musikszene enorm kreativ und vielseitig ist hat sich über die letzten 30 Jahre immer wieder bestätigt. Eine ganze Latte von Bands steht für einen unverwechselbaren Stil und dass texanische Bands Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger den Progressive Metal/Thrash sozusagen geformt haben ist nicht von der Hand zuweisen. Es gab eine Unmenge brillianter texanischer Combos die jedoch niemals über den Untergrundstatus hinauskamen. Eine der durchgeknalltesten, abgedrehtesten, wahnwitzigsten und eigenwilligsten Truppen die jemals aus Texas, genauer Austin, kamen sind AGONY COLUMN. Gegründet wurde das Quartett 1985 und bis zum ersten Album 1989 erspielten sich die vier durchgeknallten Exoten mit ihrem selbsternannten Stil „Hellbilly Death Metal Onslaught“, einen hervorragenden Ruf. Konzerte mit mehr als 1000 Fans in ihrer Heimatstadt waren keine Seltenheit. Und das ohne Albumveröffentlichung! Das kurzlebige US-Label Big Chief Records wagte sich an die Texaner ran und veröffentlichte 1989 `God, Guns & Guts`. Ein durch und durch chaotischer 12-Tracker der musikalisch außerhalb jeder Vergleichbarkeit agiert. Musikalisch ein ungestümer Stilmix aus Thrash, Punk, Hardcore, Hill Billy, Rock`n`Roll. Stirnrunzeln war beim ersten Hören keine Seltenheit, allerdings wuchs ihr Sound mit der Zeit und entfesselte erste nach einigen Durchgängen seinen Charme. Diese Stilodyssee war definitiv nicht jedermanns Sache, was sicher auch ein Grund war, dass die Texaner nie über einen kleinen Insiderstatus herauskamen. Ihr Sound war zerstörerisch, ihre Gabe für krasse Soundkonstrukte umso mehr ausgeprägt. Eine Band die Songtitel wie `Cars, Sex & Violence` oder `66 Six Guns` kreiert muß einfach was besonderes sein. Und das waren AGONY COLUMN in jeder Sekunde ihres Daseins.
`God, Guns & Guts` eröffnet mit dem gleichnamigen Titel eher unspektakulär metallisch. Eine Art thrashiger Track mit sehr hektischen Rhythmus auf Mid-Tempo Niveau. Hier merkt man allerdings schon die teils vertrackte Spielweise und die enorme stimmliche Bandbreite von Richie Turner. Der Refrain bohrt sicher aber unauslöschlich ins Kleinhirn. Kurz vor Ende des Songs ziehen die Herren mächtig das Tempo an, hauen einem den Dreck aus den Ohren. Richie`s durchgeknallter aber charismatische Schreigesang ist eine der wichtigsten Stützen des AGONY COLUMN Sounds. Er hat es locker drauf Death Metal-ähnliche Growls abzuliefern um sich eine Sekunde später in den höchsten klassischen Power Metal Spähren zu suhlen. Das wird auch beim nächsten Track `Snakebyte` deutlich. Man variiert hier mächtig mit dem Tempo, verwirrt dabei mit extrem progressiv gestalten Übergängen. Hier wird auch der punkige Einfluss hörbar, der immer wieder durchschlägt. Auch hier ein Refrain mit Langzeitwirkung. ´4×4` ist ein wütender eher groovender Bastard mit den typischen hektischen AGONY COLUMN Rhythmen. Nach der Hälfte des Tracks wird der Gashahn massiv aufgedreht und der Song geht in einen halsbrecherischen Power Metal Track über, bevor man wieder gegen Ende in den zu Beginn vorgelegten Hackrhythmus verfällt. So variiert die Band von Song zu Song und doch ist jedes Riff, jeder Schrei den Texanern unverwechselbar zu zuordnen. `66 Six Guns` ist ein verdammt schneller Mix aus zerfahrenen Thrash Riffs und einem Hardcore-ähnlichen Takt. Total durchgeknallt und alles andere als simpel aufgebaut. Das war für die damalige Zeit alles andere als Standard, das war ein Sound der weit in die Zukunft vorgriff. `Walk The Night` beginnt mit einem MALMSTEEN-ähnlichen Gefrickel und schlägt dann gnadenlos in eine Mid-Tempo Hackorgie um, die pure Wut versprüht. `Scarred For Life` überrascht mit noch mehr Tempowechsel und einer abgedrehten Rhythmik die einen nur noch den Kopfschütteln läst. Das ist nur sick. Bei `Black Jack` wird man da Gefühl nicht los, dass die Jungs ZZ TOP verarschen wollen. Die Musiker agieren auf einen recht hohen Niveau und sind locker in der Lage verschiedenste Stile gekonnt zu verbinden. Damals waren AGONY COLUMN mit diesem abgefahren Stilmix eine Klasse für sich. Dass die Jungs stolze Texaner waren ließ man immer wieder durchklingen und sorgte somit für eine gewisse Redneck-Attitüde. Das Album ist für all jene interessant die musikalischen Querschüssen nicht abgeneigt sind.
`God, Guns & Guts` gab es auch auf Vinyl und ist selbst heutzutage noch relativ günstig zu erwerben. Die CD Version hat übrigens noch einen kurzen Hidden Track, das nur zur Info. 1995 hat das deutsche Label No Bull Records die damals schwer erhältliche CD neu aufgelegt. Das Coverartwork ist das gleich wie bei der Big Chief Version. Die Rückseite wurde allerdings verändert, zum positiven (mit einem rot eingefärbten Livefoto und schönerer Titelschrift). Außerdem hat man die deutsche Version remastert, was aber keinen größeren Unterschied zur Originalpressung macht. Auf Bonustracks muß man leider verzichten. Die CD gibt es auch noch zu annehmbaren Preisen und bis 20 Euro kann man da zuschlagen. AGONY COLUMN sind einer der bizarrsten Texas Truppen die es auf CD geschafft haben und ihr Stil, anders wie bei eher traditionell ausgerichteten Bands, ist selbst heutzutage immer noch unverbraucht und unverwechselbar. Ein echtes Forgotten Treasure.