TRAUMHAUS
Welch großartige Gruppen aus deutschen Landen am manipulierten Massenpublikum heutzutage bewusst vorbei musizieren, ist kaum mehr zu erfassen und zu überblicken. Wenn diese Bands dann auch noch mit deutschen Texten arbeiten und obendrein der anspruchsvollen Rockmusik nicht abgeneigt sind, dann wird der Kampf um Beachtung und Anerkennung noch größer.
TRAUMHAUS sind eine seit 1994 bestehende Formation, die im Jahre 2001 ihr vielbeachtetes Debüt herausbrachte und gegenwärtig ihr drittes Album namens `Das Geheimnis´ veröffentlicht hat. Schon das selbstbetitelte Debüt wurde in einem Zeitraum von fast drei Jahren komponiert und auch für den Nachfolger `Die andere Seite` ein mindestens ähnlich langer Zeitraum benötigt, da auch schon auf der in 2005 veröffentlichten EP `Hinaus` Songs des Zweitlings enthalten waren.
Die einzige Konstante im Line-up ist bis heute Alexander Weyland (Gesang, Keyboards), der sich als Hauptkomponist auch für Musik und Texte verantwortlich zeichnet. Unterstützung findet er heutzutage bei Tobias Hampl (Gitarre), Sebastian Klein (Bass) und Stefan Hopf (Drums), wobei die Drums auf dem neuen Werk hauptsächlich von Jimmy Keegan (SPOCKS BEARD, SANTANA, JOHN WAITE) stammen. Die dauernden Besetzungsprobleme waren dem Schreiben von neuen Songs bestimmt nicht förderlich, so dass auch die langen Perioden zwischen den Veröffentlichungen erklärbar sind. Aber besser lange Kompositionszeiten als halbgare Lieder. Doch jetzt sind TRAUMHAUS mit ihrem bisherigen Meisterwerk `Das Geheimnis` wieder da. So ausgereift und durchgehend hochklassig konnten sie sich noch nie präsentieren. Waren es zuvor eher die kurzen Songs wie `Hinaus` und `Bleibe hier`, die als erinnerungswürdige Klassiker bis heute aus dem Album `Die andere Seite` herausragen, so sind es diesmal gerade die Longtracks, die schimmernd herausstechen. Auch jetzt gibt es wieder einen Song, den TRAUMHAUS in zwei Abschnitte unterteilt und ihn an den Beginn und das Ende des Albums gesetzt haben, während die Dreiteilung des Songs `Die andere Seite` auf dem Vorgänger noch etwas konstruiert wirkte. `Das Geheimnis` („Was in uns rührt, die Steine, die wir legen – den Morgen, den wir sehen, sind Momente, die bewegen. Was uns auch führt, die Straßen, die wir gehen – die Welt, die uns begegnet, scheint nur so, wie wir sie sehen. Es gibt mehr als wir glauben, es gibt mehr zu verstehn – ein Geheimnis in dir.“) und auch das fast halbstündige `Das Vermächtnis` bieten beide Musik vom Allerfeinsten. Die Keyboards können zwar zumeist ihre Neo-Prog-Affinität nicht leugnen, schaffen es aber, unterstützt durch die Drums und einen äußerst prägnanten Bass, teils eine gar düstere Stimmung als Songfundament zu begründen. `Das Vermächtnis` hat mehrere Teilstücke, kann aber seine ganze Epik im Höhepunkt glanzvoll auskosten („Deine Zeit, Sekunden die dich ziehen, Zeichen, die entscheiden und dich führ´n, deine Zeit, gewinnen und verlieren, finden und entfremden, weiterziehen“). Das unfassbare `Wohin der Wind dich trägt` ist mit seiner sentimentalen Art die Krönung im auf Albumlänge durchlaufenen Gefühlsparcours.
Die Formation gibt als Einfluss diverse Bands an (GENESIS, YES und KING CRIMSON, TRANSATLANTIC bis TOOL), wobei Letztgenannte vielleicht im etwas härteren `Frei` andeutungsweise durch das metallische Riffing zum Vorschein kommen. Grundsätzlich sind TRAUMHAUS aber eine der eigenständigsten und unvergleichlichsten Bands überhaupt.
Die deutsche Musikgeschichte ist freilich voll mit großem progressiven Rock wie NOVALIS, ELEKTRA und STERN-COMBO MEISSEN, aber seit über einem Jahrzehnt stehen TRAUMHAUS ziemlich allein auf weiter Flur. Denn niemand sonst komponiert solch unscheinbare, aber komplexe Rhythmen mit brillant eigenständiger deutscher Lyrik. Jederzeit liegt nicht nur ein Hauch von Magie in der Luft und man kann nur hoffen, dass uns TRAUMHAUS noch lange erhalten bleiben.
Alexander Weyland: Keyboards, Gesang
Tobias Hampl: Gitarren
Sebastian Klein: Bass
Stefan Hopf: Schlagzeug
Diskographie:
“Traumhaus” 2001
“Hinaus Ep” 2005
“Die andere Seite” 2008
“Das Geheimnis” 2013