BLACKLANDS – A New Dawn
2013 (Blacklands Music) – Stil: Melodic-(Prog-)Rock
Morgendämmerung. Ein neuer Tag bricht an. Die Sonne lässt ein rotes Rund am Firmament erscheinen. Ihre Strahlen brechen durch die Wolken hindurch. Rauch zieht vorbei und lässt die Ruinen einer längst vergangenen Zeit, oder sind es gar die trostlosen frischen Überreste eines aussichtlosen Kampfes, sichtbar werden. Morgengrauen. `A New Dawn` – so heißt das neue und allererste Album von BLACKLANDS aus Nordrhein-Westfalen (Krefeld/Viersen). Doch obwohl sich das Cover des Albums dermaßen düster darstellt, besteht noch berechtigte Hoffnung. Nicht nur weil es in einem Grünton gehalten ist und auch die Sonne erste Hoffnungsschimmer überbringt, sondern weil die Band an sich noch Hoffnung versprüht. BLACKLANDS zweifeln zwar selber am Leben, was denn das Leben im Allgemeinen und Speziellen so bringen mag, und stellen schon in jungen Jahren die Frage nach dem großen Ganzen: „All my life I’ve been wondering, what could be the meaning of life, why I am here and what’s supposed to be, is it right or is it wrong, I try to make it right”, doch letztendlich erkennt man, dass das ganze Leben eine endlose Suche ist: “Still I’m searching for the light, still I want to start right now, still I’m blind to lead the blind, to please the one from above”; und natürlich, die Liebe stirbt niemals. So wie die Hoffnung auch. Und BLACKLANDS können selber ein Hoffnungsträger für die Rockmusik werden, ein Lichtblick in der retrogeprägten Rocklandschaft, wenn sie sich noch weiter entwickeln können. Gegründet bereits im Jahre 2006 vom Heavenward-Drummer Thomas Kelleners (Ex-Lucifer’s Heritage/ Pre-Blind Guardian), konnte man erst in 2010 mit dem Gitarristen und Bassisten die letzten Mosaiksteinchen und damit die Band vervollständigen. Man konnte endlich mit einer Demo-Produktion beginnen und kann nun im Jahre 2013 schließlich ein fertiges Album mit fast 80 Minuten Spielzeit auf die allgemeine Musiklandschaft loslassen. Ein wunderbares zeitloses melodisches Rockalbum, das von der schönen Stimme von Moja Nardelli geprägt wird. Sie erhält jedoch oft im Backgroundgesang vom Gitarristen Michael Stockschläger Unterstützung, der im finalen Song `The Meaning` den Gesang sogar komplett übernimmt und die Frage nach dem großen Ganzen stellt. Doch zuvor haben BLACKLANDS ausreichend Zeit, anderen Fragen des Lebens nachzugehen. Trotz Keyboard bleibt das Album immer im melodischen Rock haften, weil Keyboarder Manfred Reinecke den Sound lieber mit Klavier oder sanften Melodieuntermalungen vervollständigt, ohne ihn im Sinne der Neo-Prog-Bands mit Keyboards zuzukleistern und letztlich die Oberhand über die Gitarre zu gewinnen. Ein ähnliches Album, das aber zudem leicht poppiger ausgerichtet war, gab es im Jahre 2007 von MILO’S CRAVING aus deutschen Landen mit der tollen Kathrin Elfman am Gesang zu bewundern. International sind die Briten von MAGENTA eine Vergleichsmöglichkeit, obwohl MAGENTA um Robb Reed und Christina Booth viel süßlicher und keyboard-lastiger sind. BLACKLANDS lassen ohnehin eher mal die Gitarren krachen, wie im fast ELDRITCH-mäßigen und metal-lastigen Beginn von `A New Dawn`, bei dem Giles Lavery (DRAGONSCLAW) die ersten beiden Strophen singen darf und mit seinem brillanten, sich in die Höhe steigernden Gesang Moja Nardelli fast die Show stiehlt. Der Titelsong stellt auf jeden Fall einen der Höhepunkte des Albums dar. Während bei `Ocean Of Tears` Erinnerungen an TRACY HITCHINGS aufkommen, verbreitet die Atmosphäre im Übergang zu `Remember Your Time` fast eine progressive US Metal-Stimmung. Flöteneinsätze hier und kurze Folkeinlagen da, verfeinern zudem das Gesamtbild ungemein. Der progressive Faktor kann destotrotz auch gerne vernachlässigt werden, da jeder Song trotz einiger ruhiger Parts seine rockige Seite zeigt. Manfred Reinecke lässt dann gar Keyboardflächen entstehen, wie beim Beginn von `Love Will Never Die`, einer tollen Ballade deren Text die Tochter von Thomas Kelleners geschrieben hat und die in jedem 80er Kino-Blockbuster den Soundtrack um einen Schmachtfetzen mehr bereichert hätte, die gar nicht so mainstreamig klingen, sondern eher Eddie VAN HALEN Vibes beinhalten. Bei `I Can Hear Your Heart` kann Moja Nardelli, zu Beginn und am Ende nur vom Klavier begleitet, ihre ganzen Emotionen gänzlich freilassen. Und solche Gefühle kann Gitarrist Michael Stockschläger fast in jedem Lied in seinen Soli ausleben. Die eigentlich dem Gitarrenspiel von Stockschläger angedachten Vorbilder (wie YES und GENESIS) werden spätestens bei jedem Solo im jeweiligen Song von einer emotionalen Ausdrucksweise bestimmt, die eindeutig nur an DAVID GILMOUR (PINK FLOYD) gemahnt. Der Höhepunkt ist ganz klar sein Solo im Glanzstück des Albums, beim 15minütigen `Power Play`, vielleicht sogar insgesamt. Bei `Power Play` wird Moja Nardelli von Lennie Rizzo (EXXPLORER) gesanglich unterstützt und widmet sich textlich dem Thema vom 11. September 2001, dem Anschlag auf das World Trade Center und die Auswirkungen der allgegenwärtigen Angst vor dem Terror hernach. Den Text hat Terry Gorle (von der US Metal Göttergabe HEIR APPARENT) verfasst und spielt zur Krönung bei `Power Play´ auch noch die Lead-Gitarre. Die rockige Gitarre wird dabei von DEEP PURPLE-artigen Keyboards im Refrain verdrängt („Watching power play, money, greed and fame, blinding pawns and prey, fool me again, watching power play, it´s their vicious game, those on top remain, use me again, you won´t know when”), doch das Wahnsinns-Solo rückt das Kräfteverhältnis wieder zurecht. Die mahnenden Worten („What of our children? don’t give away their future, don’t fill our dreams with fear, living in your nightmare”) geleiten den Song auf seinem Weg zum Gipfelpunkt: Emotionale HITTMAN-Stimmung, DREAM THEATER-Instrumental-Parts, orientalisch angehauchter Gesang, der sich mit SAVATAGE-Klavier-Parts abwechselt. In `Power Play` brechen alle Dämme und BLACKLANDS zeigen ihr ganzes Können. Weltklasse. Dennoch bleibt am Ende noch die Frage nach dem Sinn des Lebens (`The Meaning`); unbeantwortet – bleibt aber immer noch die Hoffnung: „I still have the confidence in the human race to fell the love, inside“.
(Dicke 8 Punkte)