PlattenkritikenPressfrisch

STONE TEMPLE PILOTS – Core

~ 1992/2024 (Analogue Productions/Atlantic 75 Series) – Stil: Grunge/Hardrock ~


Die STONE TEMPLE PILOTS wurden 1986 in San Diego, Kalifornien, unter dem Namen SWING gegründet. Erst als sie 1992 einen Plattenvertrag bei „Atlantic Records“ unterzeichneten, änderten sie ihren kurz zuvor noch in MIGHTY JOE YOUNG überarbeiteten Bandnamen aufgrund einer Übereinstimmung mit einem Bluesmusiker endgültig.

Hinsichtlich des Zusammenfindens der Musiker befanden sich bislang mehrere Versionen im Umlauf. Die schönste davon ging auf ein Kennenlernen von Frontmann Scott Weiland und Bassist Robert DeLeo während eines BLACK FLAG-Konzertes zurück. Sie schlossen umgehend eine Freundschaft, erzählten sich von ihrem Leben und ihren Freundinnen, bis sie feststellten, dass sie mit derselben Frau ausgingen.

Nachdem beide das Mädel in den Wind geschossen hatten, gründeten sie mit Gitarrist Corey Hicock und Schlagzeuger David Allin die Gruppe SWING. Zwischenzeitlich mussten sie allerdings noch Gitarrist Hicock durch Roberts Bruder Dean DeLeo ersetzen und vor den Aufnahmen zu ihrem ersten Demo den Bandnamen in MIGHTY JOE YOUNG ummünzen. Unter ihrem neuen Namen spielten sie ihren ersten Auftritt als Vorgruppe von Henry Rollins im „Whisky a Go Go“ und vergrößerten fortan kontinuierlich ihre Anhängerschaft in San Diego.

Der A&R-Manager Tom Carolan entdeckte sie schließlich ebenso im „Whisky a Go Go“. Innerhalb von drei Wochen schlossen sie mit dem Produzenten Brendan O’Brien im Studio „Rumbo Recorders“ von Los Angeles die Aufnahmen zu ihrem Debütalbum ab, das am 29. September 1992 von „Atlantic Records“ veröffentlicht wurde.

Die STONE TEMPLE PILOTS tanzten fortan mit ihren amerikanischen Alternative Rock-Hymnen von Erfolg zu Erfolg. ´Core´ wurde mit all seinen Singles trotz kritischer Berichterstattung ein riesiger kommerzieller Triumphzug, erreichte Platz drei der Billboard-Charts und erhielt 8-fach Platin.

Ihr bodenständiger und von Akkorden getriebener Sound setzte sich allen Unkenrufen als meistgehasste Rockband zum Trotze durch. Solchen mitreißenden Kompositionen konnte kein Rock-Anhänger widerstehen. Die STONE TEMPLE PILOTS starteten von 0 auf 100 mit intensiven und melancholischen Rock-Songs durch. Mithilfe von Riff-Attacken eingekesselt, war bei den STONE TEMPLE PILOTS von traurig sanft bis feurig heavy mit erlesenen Zutaten alles möglich.

Sie waren den BEATLES, PINK FLOYD und THE DOORS, Neil Young, AEROSMITH und LED ZEPPELIN, David Bowie und THE CULT auf der Spur. Ihre musikalischen Leckerbissen waren derart verlockend, obwohl sie anno 1992 überraschenderweise nicht aus Seattle stammten. Das schien bei diesen Klängen allerdings unüblich, zudem hatten sie verdächtiger Weise nicht im Vorfeld des Major-Debüts bei Indie-Firmen veröffentlicht.

Dass sie dementsprechend mit PEARL JAM, NIRVANA und ALICE IN CHAINS verglichen wurden, war bei der aktuellen Musikströmung im Jahre 1992 unumgänglich. Gleichwohl folgte Sänger Scott Weiland eher seinen sexy Vorbildern Robert Plant oder Steven Tyler als den grüblerischen Kurt Cobain, Layne Staley oder Eddie Vedder.

´Core´ erscheint derzeit zum 75-jährigen Jubiläum von „Atlantic Records“ im echten Goldstandard auf Vinyl.

Denn „Analogue Productions“ haben sich dem Jubiläum angeschlossen und veröffentlichen die Scheibe ihrerseits auf einem 180g schweren Doppel-Vinyl mit 45 rpm, natürlich gepresst bei „Quality Record Pressings“, vom analogen Original-Masterband von Ryan K. Smith gemastert, in einem aufklappbaren, massiven und glänzenden Gatefold Pocket Jacket.

Die bekannte Zusammenarbeit von „Acoustic Sounds“, „Analogue Productions“ und „Quality Record Pressings“ führt zu diesem fantastischen Sound, der diese Pressung gegenüber den bislang bekannten zweifellos herausragend klingen und den Zuhörer Feinheiten hören lässt, die er noch nie vernommen hat. ´Core´ tönte noch nie so groß und mächtig. 

Mit einem gnadenlosen Riff schmeißen die STONE TEMPLE PILOTS zu Beginn des Werkes erst einmal ´Dead And Bloated´ in die Arena, während Scott Weiland unschuldig singt: „Ich rieche wie die Rose, die mir jemand zu meinem Geburtstag auf dem Sterbebett geschenkt hat,“ aber auch gleichzeitig nachdenklich wie ALICE IN CHAINS anstimmend: „Ich fühle, ich bin erwachsen geworden … Ich renne durch die Welt und denke an morgen.“

Dagegen durchströmt das missverstandene ´Sex Type Thing´ über einen Vergewaltiger ein abgewandeltes, altes LED ZEPPELIN-Riff, „ich komme, ich komme, ich komme“, während der Refrain eher im Sinne von NIRVANA aus den Boxen kracht.

Ein treibender, unaufhaltsamer Rocker heißt sodann ´Wicked Garden´ und nimmt jegliche Hoffnung auf die Wiedererlangung der verlorenen, kindlichen Unschuld: „Kannst du wie ein Kind sehen? Kannst du genau sehen, was ich will?“

Selbst das nächste Riff von ´Sin´ könnte dem LED ZEPPELIN’schen Oeuvre entstammen, derweil Scott Weiland die Religionen kurzerhand bloßstellt: „Weihwasser trübt mein Denken.“ Mit ´Naked Sunday´ legt der ehemalige Messdiener Scott Weiland bei seiner Anklage gegen organisierte Religionen sogar noch im Zwei-Akkorde-Stechschritt nach: „Und wenn alles vorbei ist und wir zu Staub werden, wer wird mein Richter sein und wem vertraue ich?“

Die erfolgreiche Ballade ´Creep´ widmet sich wiederum autobiografisch den Selbstzweifeln auf dem Weg zum Erwachsenwerden der Generation 90s, angelehnt an den Urvater des Grunge Neil Young sind hierbei ebenfalls NIRVANA nicht fern: „Das fühle ich, wenn die Morgendämmerung zu Grau verblasst.“

Unerbittlich heavy ist nochmals ´Piece Of Pie´, wahrscheinlich über einen heimgekehrten Kriegsveteranen, während der Mega-Hit ´Plush´ einerseits nicht fern von PEARL JAM das Leben beklagt, andererseits einige jazzige Akkordfolgen einstreut: „Wenn die Hunde sie finden, haben Sie Zeit, Zeit, auf morgen zu warten.“

Die künftige Riff-Maschine aller Live-Shows hält ´Crackerman´ über eine Drogendealerin namens Sue bereit, geradezu philosophierend: „Und ich denke, während ich denke.“ Das schleppende, achtminütige Epos ´Where The River Goes´ beschließt als eine der ersten Bandkompositionen, samt Scott Weilands unschuldigen Gefühlen gegenüber seinen Mitmusikern: „Ich will so groß sein wie ein Berg; ich will so hoch fliegen wie die Sonne“, dieses Erstlings- und Ausnahmewerk: „Sing dieses Lied, sing das Lied in mir.“

I smell Sex, Drogen und Rock’n’Roll – so wie Eva der Lust gewahr wird, als sie im Garten Eden auf dem Coverartwork den Apfel stibitzt.

Ein Klassiker der Alternative Rock- und Grunge-Epoche.

 

https://www.facebook.com/stpband