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JACKIE LEVEN – Live Or Die – Live In Bremen, 1999 & 2004 –

~ 2024 (MiG Music) – Stil: Folk/Rock ~


Der schottische Songwriter Jackie Leven versuchte in den späten Sechzigerjahren sein Glück als Folkmusiker. Zwischen 1977 und 1983 ließ er es allerdings auf einen Versuch in der Rockmusik ankommen. Mit der New Wave-Formation DOLL BY DOLL hatte er jedoch einschließlich vier Studioalben nur überschaubare Erfolge, obwohl ihr 1979er Debüt ´Gypsy Blood´ ein nicht zu übersehendes Juwel schien und zu den Aufnahmen ihres letzten Albums sogar Gitarrist David Gilmour, Saxophonist Mel Collins und Sängerin Maggie Riley ins Studio eilten. DOLL BY DOLL waren schlichtweg zu rebellisch, für feindselige Zuschauer konnte es während ihrer Konzerte gefährlich werden, und musikalisch zwischen Roots, Folk, Punk und Garagen Rock, Pop und Prog mit mehrstimmigen Harmonien zu breit aufgestellt.

Obgleich sich Jackie Leven anschließend seiner Solo-Karriere widmete, musste er aufgrund einiger tragischer Umstände erst wieder ins Leben zurückfinden. Denn 1984 wurde er auf offener Straße fast erwürgt und während seiner Rekonvaleszenz obendrein noch heroinabhängig. Mit ganzheitlichen Heilmethoden und insbesondere Akupunktur bezwang er mühsam seine Sucht. Seine infolgedessen gegründete Wohltätigkeitsorganisation hatte mit Prinzessin Diana und anschließend Prinz Charles außerordentlich berühmte Schirmherren.

Somit brachte der hochgewachsene Hüne seine Solo-Karriere erst 1994 mit der Veröffentlichung eines Mini-Albums wieder in Gang. Anschließend sprudelten die Ideen aus ihm und seiner Bariton-Singstimme nur so heraus, seine Falsett-Stimme sollte krankheitsbedingt erst später wieder erklingen, so dass er im Jahre 2006 erstmals unter dem Pseudonym „Sir Vincent Lone“ ein Album veröffentlichte, da seine wahnsinnige Produktivität für sein Label scheinbar ihre Grenzen erreicht hatte. Bereits zu Beginn seiner Folkkarriere hatte er unter dem Pseudonym „John St Field“ firmiert.

Verhängnisvollerweise starb Jackie Leven nach langer Krankheit im Jahre 2011 mit 61 Jahren an Prostatakrebs. Der Singer-Songwriter hatte seine Lektionen in seinem reichen Leben gelernt. Der einsame Geschichtenerzähler wurde schon mit 16 Jahren Vater eines Kindes und alsbald Straßenmusikant in Dublin, Berlin und Madrid. Bis zuletzt spielte er sich durch Europa und Großbritannien, vor allem in seinen größten Absatzgebieten Deutschland und Norwegen.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass jetzt zwei Konzerte aus Bremen als ein echtes Vermächtnis dieses großen Songwriters veröffentlicht werden. ´Live Or Die – Live In Bremen´ enthält auf zwei Silberlingen ein Konzert vom 27. Mai 1999 im Bremer Club „Moments“ sowie auf zwei weiteren Silberlingen ein Konzert vom 29. März 2004 in der „Broadcasting Hall Radio Bremen“.

Den ersten gewürdigten Auftritt bestritt Jackie Leven als Solo-Künstler, den zweiten mit Keyboarder Michael Cosgrave zur Zeiten des bedeutsamen 2003er Werkes ´Shining Brother, Shining Sister´. Im Gegensatz zu dem ´Live At Rockpalast´-Release aus dem selben Jahr, kann hier eine komplette Solo-Show genossen werden, und im Unterschied zu vielen seiner Live-Auftritte verließ er sich bei den Bremer Shows allein auf eigene Kompositionen, Fremdkompositionen hatte er nicht länger nötig.

Bei einer intensiven Stimmung war in früheren Jahren neben einer regen Interaktion mit dem Publikum natürlich viel Alkohol im Spiel, von dem er erst 2010 die Finger ließ. Beim 1999er Auftritt nahm er sich innerhalb der 95 Minuten mehr als genügend Zeit, um zwischen den Liedern einige seiner ihm auf dem Herzen liegenden oder zu den Songs gehörenden Geschichten ausgiebig zu erzählen, obwohl der 2004er Auftritt mit 110 Minuten weitaus länger ausfiel.

Wer jemals Songs wie etwa ´Poortoun´ oder ´Single Father´ von Jackie Leven gehört hat, ist längst ein großer Verehrer dieses Ausnahmekünstlers und hält diese mystischen Albentitel ´The Mystery Of Love Is Greater Than The Mystery Of Death´, ´Forbidden Songs Of The Dying West´, ´Fairytales For Hard Men´, ´Defending Ancient Springs´ oder ´Creatures Of Light And Darkness´ mit allen Ehren in seiner Sammlung. ´Live Or Die – Live In Bremen´ darf dabei todsicher nicht fehlen.

 

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